Stefan Winckler
Ein Tag von historischer Tragweite. Nach einer – wie so oft – demagogischen Rede des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump in seinen letzten Amtstagen formierte sich ein Demonstrationszug zum friedlichen Protest gegen die Bestätigung des kürzlich gewählten Präsidenten Joe Biden. Dies gehört zu den Rechten der Bürger in einem demokratischen Verfassungsstaat, auch wenn es im Inhalt noch so sehr gegen den gesunden Menschenverstand verstößt.
Eine kleinere Gruppe drang hingegen in das Capitol ein. Ein Teil dieser Horden zerstörte Fernsehkameras mit dem Ruf, die Journalisten stünden für „fake news“. Polizisten wurden verletzt. Dieser Einbruch in das US-amerikanische Parlamentsgebäude während einer Amtshandlung kann nur als rechtsextremistischer Angriff auf ein Verfassungsorgan angesehen werden, und ist auch von überzeugten Trump-Anhängern hierzulande (ja, sie gibt es) verurteilt worden, jedenfalls was die Form dieser Aktion angeht. Dahinter steht die Meinung des Mobs, es habe sich bei der Präsidentenwahl am 3. November um einen gigantischen Wahlbetrug gehandelt. Zwar forderte Trump die Täter zu friedlichem Vorgehen auf (während des Einbruchs), aber eine starke Distanzierung lieferte er nicht ab. Tatsächlich hat Klaus-Dieter Frankenberger recht, wenn er in der FAZ kommentiert: „Die Gewalt ist die Ausgeburt des Trumpismus; sie ist das Ergebnis von vier Jahren Hetze, Verunglimpfung und Dämonisierung“.
Von einem groß angelegten Wahlbetrug kann aber keine Rede sein. Wahlbeobachter stellten unmittelbar nach der Wahl fest, sie sei einwandfrei abgelaufen. Der für die Wahlsicherheit verantwortliche Beamte Chris Krebs bekräftigte, die Wahl sei die sicherste in der Geschichte der Vereinigten Staaten gewesen. Der Secretary of State im swing-state Georgia, ebenfalls ein Republikaner, wies die Behauptung über Wahlbetrug in Georgia zurück. Eine zweimalige Nachzählung ebendort bestätigte das Wahlergebnis einer geringen Stimmenmehrheit für Biden.
Über 50 mal wiesen Gerichte, gerade auch republikanische Richter, Trumps und Giulianis Behauptung eines riesigen Wahlbetrugs zurück. Selbst der Supreme Court, der eine Rep-Mehrheit an Richtern aufweist, wies Trumps diesbezügliche Anträge zweimal zurück. Auch der von Trump berufene Justizminister Burr konnte keinen wahlentscheidenden Betrug bestätigen (damit waren seine Tage im Amt gezählt).
Es ist bezeichnend, dass Trump am 3. Januar 2021 Secretary of State Raffensperger aufforderte, ihm jene 11790 Stimmen zu beschaffen, die ihm in Georgia zum Wahlsieg fehlten. Dies war mehr als ein Eingriff der Bundesebene in die Angelegenheiten der Unionsstaaten, sondern der Versuch einer staatsstreichartigen Aktion.
Der tiefere Grund für das Beharren Trumps auf offenkundigen Lügen von einem wahlentscheidenden Betrug ist wohl, dass dies eine Geldmaschine darstellt: Trump bittet um Spenden, um gegen den angeblichen Betrug rechtlich vorgehen zu können. Im „Kleingedruckten“ steht aber, dass die Spenden auch zu anderen politischen Zwecken im Sinne Trumps genutzt werden können, z.B. zu seiner mittelfristigen Karriereplanung. Dies geschieht bereits. Vielleicht braucht er auch Geld für seine Geschäfte, um die es ja nicht unbedingt glänzend bestellt sein soll (die Deutsche Bank weiß mehr).
Ein weiterer Grund für Trumps sonderbares Verhalten ist, dass er mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen muss, wovor ihn die Immunität des Amtsinhaber derzeit noch bewahrt.
Die Gewalt ist die Ausgeburt des Trumpismus; sie ist das Ergebnis von vier Jahren Hetze, Verunglimpfung und Dämonisierung.
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