Die englische Mediävistin Helen J. Nicholson, Jg. 1960, gehört der Generation an, die auf Alain Demurger, Malcolm Barber und Rudolf Hiestand folgte. In ihrem neuen Buch beschreibt sie das Alltagsleben der Templer gemäß ihrer Ordensregel, die Niederlassungen der Templer, das spirituelle Leben, das Wirtschaftsleben sowie den Lebenslauf eines Tempelritters. Woher hat sie ihre Kenntnisse? Die Tempelritter, die Novizen und die ihnen zuarbeitenden Menschen schrieben ja keine Tagebücher oder gar erzählende Literatur, und auch Kunst war nicht ihr Metier. Allerdings kann sich die Forschung auf eine präzise Ordensregel stützen, die den Tagesablauf und das geistliche Leben vorgibt. Die Aufzeichnungen einzelner Ordenshäuser in Frankreich, England, Irland, dem Heiligen Römischen Reich und Italien sowie im Orient enthalten zahlreiche Informationen über die Gebäude, Einrichtungsgegenstände, Bücher, Kleidungsstücke. Es geht daraus hervor, welche Tiere die Templer besaßen: Kriegspferde und das typische Vieh wie Schweine, Rinder und große Schafherden. Es waren ja Erträge zu erwirtschaften, um die Besitzungen im Heiligen Land aufrecht erhalten zu können.
Das Buch enthält einige aussagekräftige Fotos. Hervorzuheben sind zwei mittelalterliche Buchmalereien: zwei Templer beim Schachspiel, und ein Templer als Finanzbevollmächtigter des aragonesischen Königs.
Mit diesem Buch erweiterte und vertiefte Nicholson, die sich auf die Erforschung der Ritterorden spezialisiert hat, die Angaben über das Templerleben aus den Standardwerken von Demurger und Barber erheblich – und schloss damit eine Lücke in der Forschung. Eine deutsche Übersetzung oder zumindest eine umfangreichere Textvorschau unter books.google ist zu wünschen.
Helen J. Nicholson: The Everyday Life of the Templars. The Knight Templars at home. Oxford 2017;
online:
The Everyday Life of the Templars - Google Books
© Stefan Winckler
Siegelring des OMCT-Tempelritterordens e.V. , eines kirchlich-privaten Vereins der Gegenwart