Stefan Winckler
Historiker und Buchautor

Wie ging es nach dem Untergang des Tempelritterordens weiter? Das Beispiel der Mark Brandenburg

Das Konzil von Vienne an der Rhone hob den historischen Tempelritterordne am 22. März 1312 (Bulle: Vox in excelso) auf - ausdrücklich, ohne ihn zu verurteilen. Selbst der Verwaltungsakt der Aufhebung geschah nicht aus voller Überzeugung und freien Stücken, sondern unter dem militärischen Druck König Philipps des Schönen von Frankreich. 

Was passierte nachfolgend in den deutschen Landen? 

Nehmen wir die Mark Brandenburg als Beispiel (1) Dort existierten mehrere Standorte der Tempelritter: Tempelhof mit Rixdorf, Marienfelde, Mariendorf nebst Anwesen in Templin, Lebus, Stargard, Lietzen, Quartschen, Zehden und Zielenzig. 
Weniger bekannt ist die Kleinstadt Kremmen mit heute 7.700 Einwohnern, nördlich von Berlin, in Nachbarschaft zu Oranienburg und Neuruppin, westlich der Schorfheide. Dort wurde am 29. Januar 1318 ein Vertrag zwischen Markgraf Waldemar und Paul von Mutina (ital.: Paolo de modena) , dem Komtur der Johanniterritter in Erfurt und Topfstadt, geschlossen (nicht zu verwechseln mit dem Vertrag zu Kremmen aus dem Jahre 1236 zwischen den Herzögen von Brandenburg und von Pommern). Paul war durch Leonhard von Tibertis, dem "Heermeister, Kumthur und Ordensvisitator für die Lande diesseits des Meeres, Deutschland, Böhmen, Dänemark, Schweden und Norwegen" im Dezember 1317 beauftragt worden. Zeugen waren regionale Kleriker und Adlige. 
Gegenstand waren alle Besitztümer des Tempelritterordens in der Mark (siehe oben). Sie wurden bereits seit 1308 von Waldemar verwaltet, nachdem Papst Klemens V. die Beschlagnahmung der Templergüter durch die Landesherren angeordnet hatte (Bulle: Pastoralis praeeminentiae vom 22. November 1307).  
Mit dem Vertrag von Kremmen gingen die einstigen Templergüter an die Johanniter über, wie es Klemens V. bereits am 2. Mai 1312 für das Abendland bestimmt hatte. Dafür zahlte der Johanniterorden 1250 Mark in Silber an Waldemar. Sollte sich der Eingang der Geldsumme über mehr als zwei Jahre verzögern, durfte Waldemar laut Vertrag den alten Templerbesitz Zielenzig zum Pfand nehmen. Darüber hinaus betrachtete sich Waldemar als Schutzherr der Johanniter, die ihm umgekehrt Loyalität schuldeten, in seinem Land. Das war ein Unterschied zu den bisher autonomen Templern, die keinem weltlicher oder geistlichen Herrscher außer dem Papst untertan waren. 
Es ist anzunehmen, dass die Tempelritter in ihren Ordenshäusern verbleiben durften, denn es war keiner von ihnen verurteilt worden.

Die Ausfertigung des Vertrags befindet sich im Brandenburger Landeshauptarchiv, Rep. 9B, U76. 

Vorgeschichte

Die päpstliche Entscheidung, dass den Johannitern die Templergüter vermacht werden, wurde Waldemar in einem Brief vom 15. Mai 1312 mitgeteilt. Ebenso wier andere Landesherren verzögerte er die Übertragung der üblicherweise ertragreichen Templerfelder - diese Höfe in ausgewählt fruchtbaren Gegenden sollte bekanntlich hohe Gewinne abwerfen, um die Templer-Niederlassungen im Heiligen Land am Leben zu erhalten. Andererseits fiel es den wenigen Johanniterbesitzungen in den deutschen Landen schwer, alle Templerniederlassungen rasch zu übernehmen und zu verwalten, denn der Johanniterorden war im nördlichen deutschsprachigen Raum spärlicher vertreten als in Franken und Schwaben, am Niederrhein und in Schlesien. Im übrigen wollte Papst Klemens V. bereits vor der Templer-Verhaftung in Frankreich Templer- und Johanniterorden vereinigen, um einen neuen Kreuzzug nach dem Verlust der morgenländischen Besitzungen zu ermöglichen. Damit war er aber auf den Widerspruch von Templer-Großmeister Jacques de Molay gestoßen. 

Nachgeschichte

Markgraf Waldemar starb bereits 1319, seine brandenburgische Askanierdynastie erlosch 1323. Der Johanniterorden konnte aus den neuen Besitztümern eine eigene Ordensprovinz machen, die als Balley Brandenburg im Jahre 1382 Autonomie erlangte, denn sie war vom Großmeister-Sitz Rhodos und dem deutschen Priorat aus schwer zu verwalten. Der Orden verkaufte im Jahre 1435 Tempelhof, Mariendorf, Marienfelde und Rixdorf. Beginnend mit dem Vetrag von Kremmen kam die Balley Brandenburg des Johanniterordens in eine immer engere Verbindung mit den Brandenburger Landesherren und schloss sich 1538 dem Protestantismus an, während der übrigen, größere Teil des Johanniterordens unter dem Namen Malteserorden katholisch blieb. Hohenzollernprinzen stellen traditionell den Herrenmeister ("Herr Meister" als alte Anrede) des evangelischen Johanniterordens.

Reisehinweis

Wer die ehemaligen, im Laufe der Zeit vielfach umgebauten, zerstörten und erweiterten Templerkirchen und -güter aufsuchen möchte, sei auf diese Webseiten hingewiesen: 

https://rrbb.info/nordoestliche-route/im-land-der-tempelritter-lietzen-tempelberg-und-neuentempel/

Die Templer - Spuren einer mittelalterlichen Großmacht. Online: http://menzendorff.de/ 


Ich bedanke mich für wervolle Hinweise bei Mathias Krase! 

© Stefan Winckler








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