Internet-Hinweis: Die Bücher der Kirchenväter
Der heilige Augustinus (354-430) kommt dem Leser wohl zuerst in den Sinn, wenn von „Kirchenvätern“ die Rede ist. Gemeint sind die Autoren des frühen Christentums, die nach der Epoche des Urchristentums ab dem zweiten Jahrhundert bis über die Völkerwanderungszeit hinaus maßgebliche Texte verfassten und für ihr vorbildliches Leben heilig gesprochen worden sind.
Schriften der Kirchenväter sind im 19. und 20. Jahrhundert ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht worden. Diese Ausgaben sind längst vergriffen und zum Teil auch in den Fachbibliotheken nicht mehr vollständig erhalten. Es gelang aber einer Projektgruppe unter Leitung von Privatdozent Gregor Emmenegger an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg/Schweiz, mehrere hundert Texte auf https://www.unifr.ch/bkv/ kostenlos online zu stellen. Jeder Text ist mit nützlichen Informationen zu Autor und Werk versehen.
Die Schriften der Apostolischen Väter sind die ältesten Quellen. Die „zweite Generation nach den Aposteln“ (Ratzinger) hat sie verfasst. Hier finden wir den sog. Barnabasbrief, die Briefe des Ignatius von Antiochien, des Clemens von Rom und des Polykarp von Smyrna sowie die älteste der überlieferten Kirchenordnungen (Didache) und der „Hirte des Hermas“.
Selbstverständlich sind die bedeutenden Einzelpersönlichkeiten Augustinus und Benedikt von Nursia vertreten – der erste nicht nur mit seinem „Gottesstaat“ (Civitate Dei) und der zweite mit der so einflussreichen Ordensregel.
Mehrere Texte betreffen das Verhältnis von Staat und Kirche (Laktanz schreibt von den Christenverfolgungen; entstanden um 315), andere geben Zeugnis von innerkirchlichen Auseinandersetzungen, vor allem vom Streit um den Arianismus (Athanasius: Vier Reden gegen die Arianer; Geschichte der Arianer). Die Anhänger des Arius im vierten Jahrhundert behaupteten, Jesus sei nicht wesensgleich mit Gott, sondern wesensähnlich.
Die Apologeten verteidigten das Christentum und argumentierten gegen die Heiden. So meint Tertullian, Christenverfolgung sei auf Unkenntnis über die christliche Lehre und unwahre Behauptungen zurückzuführen, sie verstoße gegen Prozessordnung und Rechtsprinzipien, er erörtert die Stellung des Christentums zu den Staatsgesetzen und kommt auch zu allgemeinen, modern wirkenden Aussagen wie „Übrigens, ein Gesetz ist verdächtig, wenn es sich nicht prüfen lassen will; nichtswürdig aber ist es, wenn es, der Gerechtigkeit nicht würdig befunden, tyrannisiert“. Insofern ist der Beitrag Tertullians (um 200) für Juristen von unerwartetem Reiz.
Hervorgehoben sei die sehr bedeutende, umfangreiche Quelle zur frühen Kirchengeschichte (208 Druckseiten), verfasst von Eusebius von Caesarea. „Ohne sie wüssten wir von der alten Kirche herzlich wenig“, kommentiert Philipp Häuser in seiner Einleitung. Eusebius: „Mich dieser Arbeit zu unterziehen, erachte ich für dringend notwendig, da ich bisher noch keinen kirchlichen Schriftsteller kennengelernt habe, der auf diesem Gebiete seinen schriftstellerischen Eifer betätigt hätte. Auch hoffe ich, daß die Arbeit Historikern sehr nützlich sein wird“.
Vom gleichen Kirchenvater findet sich hier auch die Vita Constantini, eine sehr ausführliche, lobende Darstellung Kaiser Konstantins. Nicht nur in der „Kirchengeschichte des Eusebius, sondern auch in kürzeren Texten erfahren wir von der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian und Unterkaiser Maximinus zu Beginn des vierten Jahrhunderts. „Über die Märtyrer in Palästina“ von Eusebius schildert eindringlich die grausamen Schicksale einer Reihe von Christen, die dem Kaiser nicht opfern wollten, also seine Göttlichkeit bestritten.
Auch die armenische und die christlich-orientalische Kirche ist mit ihren frühen Schriften vertreten. Eben dies ist im Sinne einer konfessionsübergreifenden Sicht auf das Christentum sehr zu begrüßen.
© Stefan Winckler