Stefan Winckler
Historiker und Buchautor

Zum 1200. Todestag Karls des Großen  (2014)


Karl der Große ist im Gespräch. Viel wird gegenwärtig über ihn veröffentlicht. Erwähnenswert sind die umfangreichen Biografien der Historiker Stefan Weinfurter (Karl der Große. Der heilige Barbar. München: Piper, 2013) und Johannes Fried (Karl der Große. Gewalt und Glaube. München: C.H. Beck, 2013). Die Anfangskapitel des letztgenannten Werks sind unter books.google im Internet durch die Eingabe von Autorenname und Buchtitel rasch aufzurufen. Ein Sammelband, als Spiegel-Edition von Dietmar Piper und Johannes Salzwedel herausgegeben, bietet einen Einstig in das Thema. Die Literaturliste ließe sich fortsetzen.
Eine Ausstellung im Frankfurter Haus am Dom ist nach vier Wochen im Februar zu Ende gegangen. Vor uns liegen drei Ausstellungen in Aachen: "Orte der Macht", "Karls Kunst" und "Verborgene Schätze". Sie sind vom 20. Juni bis 21. September 2014 geöffnet. An weiteren Veranstaltungen und Beiträgen in den Medien mangelt es nicht.
Karl hat das Kaisertum in Westeuropa wieder zum Leben erweckt. Er sah sich als "Augustus Imperator Renovati Imperii Romani" ("Kaiser des erneuerten Römischen Reiches"). Zwar existierte das Oströmische Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel, das den alleinigen Anspruch auf die Nachfolge des Imperium Romanum erhob. Aber zum einen befand sich dieses in der Defensive gegen die unterschiedlichsten Regionalmächte, zum anderen war es durch interne Konflikte geschwächt. Der Streit zwischen Bilderverehrern und Bilderstürmern war zu Blutvergießen ausgeartet, und selbst innerhalb der herrschenden byzantinischen Dynastien war das Verstümmeln oder Töten beim Kampf um den Kaiserthron keine Seltenheit. Die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung von Konstantinopel war legendär, aber dieses Byzanz war kein politisches Leuchtfeuer - umso weniger, da die Frau auf dem Kaiserthron, Irene, bei weitem nicht ausreichend anerkannt war. Das Amt des Papstes in dem zur Kleinstadt geschrumpften Rom war Spielball des örtlichen Adels. Mit der Kaiserkrönung an Weihnachten 800 in Rom verschob Karl den politischen Schwerpunkt in Europa weit nach Westen. Seine Nachfolger in den späteren westdeutschen Landen, Frankreich und Norditalien bauten darauf auf. Karl förderte das Christentum, liquidierte das Heidentum - freilich mit den Methoden seiner Zeit. dass er nach den an Dokumenten und sonstigen Quellen so armen Jahren nach dem Ende der Antike Gelehrte aus dem ganzen christlichen Westeuropa heranzog, die eine "karolingische Renovatio" ermöglichten. Man denke an die Bauwerke in Aachen und Ingelheim, an die Förderung der lateinischen Sprache (die er selbst gut beherrschte), die als Karolingische Minuskeln bekannte Schrift, das Sammeln antiker Literatur und an die Geistesgrößen selbst - Alkuin, Hrabanus Maurus, sein Biograf Einhard und andere - ist ihm sehr hoch anzurechnen. So ist von Carolus Magnus auch viel mehr überliefert als von seinen Vorgängern im Frankenreich.
Das Gedenken an Karl beschränkt sich nicht auf das Jubiläumsjahr. In Frankfurt (er ist der Stadtpatron) und Aachen wird alljährlich am letzten Samstag im Januar zu seinen Ehren das Karlsamt gefeiert. Es ist eine besondere Heilige Messe mit latenischen Gesängen aus dem Mittelalter zu Ehren des Kaisers. Im Dom zu Frankfurt wird gesungen:
"Francfordensis urbs regalis regni sedes principalis, prima regum curia, regi regum pange laudes, quae de magni regis gaudes Karoli praesentia" - "Frankfurt, du königliche Stadt, des Reiches Fürstensitz, erster Versammlungsort der Könige, dem König der Könige singe Lob, die du dich freust am Festtage des großen Königs Karl!"
(...)
"Hic est magnus Imperator, boni fructus bonus sator et prudens agricola. Infideles hic convertit, fana, deos hic evertit et confringit idola" - "Er ist der große Herrscher, der Sämann der guten Frucht und der kluge Landmann. Er bekehrt die Ungläubigen, beseitigt die Tempel der Heidengötter und zerbricht die Götzenbilder".
"Hic superbos domat reges, hic regnare sacras leges facit cum iustitia, quam tuetur eo fine, ut et iustus sed nec sine sit misericordia" - "Er bezwingt die hochmütigen Könige und er lässt herrschen die heiligen Gesetze mit Gerechtigkeit, deren Schützer er ist, dass er gerecht ist, voll Barmherzigkeit".
(...)  (...)
Nach dieser Karlssequenz, dem zwölften Jahrhundert entstammend, folgen die Kaiserlaudes aus dem neunten Jahrhundert, Gesänge unter anderem mit der Bitte "Exaudi, Christe! Populo Germanorum et omnibus hominibus bonae voluntatis pax et vita!" - "Erhöre uns, Christus! Dem Volke der Deutschen und allen Menschen, die guten Willens sind, Friede und Leben!"
Hauptzelebrant ist ein auswärtiger Bischof oder Erzbischof, um die verschiedenen Länder West- und Mitteleuropas mit Karl in Beziehung zu setzen. Die Messe zieht jedes Jahr etwa tausend Gläubige an. Ausschnitte sind unter youtube, Suchbegriff: Karlsamt, zu hören.
Üblicherweise findet das Karlamt am letzten Samstag im Januar um 18.00 Uhr statt.

© Stefan Winckler

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