Ein fränkischer Adeliger im Widerstand: Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg zum 80. Jahrestag seiner Ermordung
Gemessen an ihrer Bevölkerungszahl hat Bad Neustadt an der Fränkischen Saale eine beachtliche Zahl von bedeutenden Persönlichkeiten hervorgebracht. Eine von ihnen entstammt dem bekannten fränkischen Adelsgeschlecht, seine Lebensleistung scheint aber nur Fachleuten geläufig zu sein: Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg.
Geboren am 22. Mai 1902, studierte Guttenberg Geschichte, promovierte im Jahre 1929 und wirkte fortan als Publizist: Er gründete und redigierte das Monatsperiodikum „Monarchie – Zeitschrift für deutsche Tradition“ (1932 bis 1934). War er also ein Reaktionär, der die „Asche“ bewahrte, anstatt das „Feuer“ zu nähren? Nein! „Guttenberg selbst, tief verwurzelt in Religion und Geschichte, eben in der Tradition, stellte sein Leben lang immer wieder gerade das, was ihm lieb und wert war, zur Diskussion, um ihm neuen und festeren Sinn zu verleihen“. (Bottlenberg-Landsberg, S. 5). Engstirnigkeit und Verbitterung hätte wohl seinen heiter-ironischen Umgangsformen widersprochen. Als die Nationalsozialisten die „Monarchie“ verboten, schuf er eine weitere Zeitschrift, die „Weißen Blätter“. Er selbst verfasste dort keinen einzigen Text, gewann aber Autoren wie Reinhold Schneider, Rudolf Alexander Schröder, Jochen Klepper und Werner Bergengruen. Die Auflage lag bei etwa 1.700 Exemplaren. 1943 musste die Publikation eingestellt werden. Ein Leser schrieb dazu: „In einer Zeit, da die Menschheit Anstalten macht, sich zu entgeistigen, war es immer eine besondere Freude, wenn die Weißen Blätter eintrafen und einen Hauch der Besinnlichkeit und Reife mit sich zu bringen schienen“. Eine Leserin würdigte rückblickend: „... die Leserschaft der Weißen Blätter ist ja wirklich wie eine ,Gemeinde', deren innerer Zusammenhalt und Einklang mir schon oft Mut und Kraft gegeben hat“ (Bottlenberg-Landsberg, S. 27)Guttenbergs Stärke war es, Kontakte aufzubauen und zu pflegen: Seine Wirkung entfaltete sich im persönlichen Gespräch. Offenbar war gerade dies, zunehmend unter konspirativen Umständen, im geistigen Widerstand gegen ein totalitäres Unrechtssystem das Richtige. Er pflegte Verbindungen zum Kreisauer Kreis, zu Hans von Dohnanyi und Justus Delbrück, zum militärischen Widerstand um Ludwig Beck, vor allem aber zu Ulrich von Hassel. Seine Tagebucheinträge und Notizen, aus Vorsicht vor Hausdurchsuchungen auf der Salzburg eher selten angelegt, belegen dies. Durch diese Freundschaften näherte sich der im positiven Sinne standesbewusste Guttenberg auch republikanisch-demokratischen Grundsätzen als Nachkriegs-Ziel an. Jedenfalls beobachtete die Gestapo den fränkischen Adligen verschärft seit 1943 und verhaftete ihn im Juli 1944. Der Folter zum Trotz verriet er nichts und niemandem – ein letztes Mal dem Wahlspruch seiner Familie „Treu und verschwiegen“ folgend. SS-Schergen ermordeten ihn und andere Gefangene in der Nacht vom 23. auf den 24. April 1945, als um sie herum bereits die Schlacht um Berlin tobte.Nach Studienabschluss und Heirat war die Salzburg für Guttenberg der Lebensmittelpunkt: Er ließ zwei Gebäude der Ruine renovieren und lebte hier mit seiner Familie. Ein Bild der geliebten Burg hatte er stets bei sich, selbst in der Gefängniszelle in Berlin-Moabit. Nach Karl Ludwig von und zu Guttenberg ist eine Straße zwischen dem Campus und dem Sportgelände im Stadtteil Herschfeld benannt. Eine Grundschule in Bad Neustadt trägt seinen Namen. Die Salzburg ist im Besitz seines Enkels.
Maria Theodora von dem Bottlenberg-Landsberg: Die „Weißen Blätter“ des Karl- Ludwig Freiherrn von und zu Guttenberg. Zur Geschichte einer Zeitschrift monarchistisch-religiöser Opposition gegen den Nationalsozialismus 1933-1943. Berlin: Gedenkstätte deutscher Widerstand 2001