Stefan Winckler
Historiker und Buchautor


Zukunfts­gestaltung

Wer das Beste erhalten will, der muss Landeplätze für die Zukunft bauen statt Bunker zur Verteidigung der Vergangenheit. (Der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Regierungserklärung vom 12.11.2013. Vgl.: https://www.bayern.de/wp-content/uploads/2014/07/Regierungserklärung-_Bayern.-Die-Zukunft.)



Roboter im Anmarsch!
Ethik der künstlichen Intelligenz
Pflegeroboter
Erforschung des Mondes: gestern, heute und morgen
Berlin und Potsdam 2019
Lösung des "Nahost-Konflikts"?
Wie verwahrlost unserer Gesellschaft?




Was verursacht Verwahrlosung? Was beugt Verwahrlosung vor?
Jordan und Totes Meer - sterbende Gewässer
Wenn ein Strom das Meer nicht mehr erreicht...
Auf der Suche nach einer bürgernahen Politik
"Bürgerlich, christlich, sucht..."
Immigration

Wie verlottert unsere Sprache?
Pilgerfahrt
Wirtschaftsklassiker
Fragebogen
Friedensdiplomatie
Israelis und Deutsche
Was haben uns die "1989er" zu sagen?


Stefan Winckler

Positive Leitbilder. Wie eine neue Pisa-Pleite verhindert werden kann

Was kommt häufiger vor: ein mörderischer Amoklauf in einer deutschen Schule oder die Verleihung eines Nobelpreises an einen Deutschen? Es hält sich in etwa die Waage. So weit ist es im einstigen Land der Dichter und Denker schon gekommen. Denn Gewalt und Gewaltdrohung haben in den letzten drei Jahrzehnten stark zugenommen, während die Leistungen der Schüler zu wünschen übrig ließen. „Erfurt“ und die Diskussion um die PISA-Studie haben im Jahre 2002 höchst alarmierend gewirkt. „Die Ergebnisse der PISA-Studie haben der deutschen Schule ein miserables Zeugnis ausgestellt. Die Note heißt mangelhaft. Wir stehen im Niveau unserer Schulen näher an Entwicklungsländern als bei Frankreich oder Finnland, so der damalige Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt“.

Weder an brauchbaren noch an wichtigtuerischen Vorschlägen zur Abwendung der Missstände mangelte es. Zwar konnte sich Deutschland in Bezug auf Naturwissenschaften und Mathematik 2009 etwas höher platzieren (Platz 16 und Platz 13 der OECD-Staaten), doch hieße es, anspruchslos zu sein, wolle man sich damit zufriedengeben. Wer sich im Informationsdickicht eine Schneise schlagen will, der soll zu dem Büchlein „Die Pisa-Pleite“ von Heiner Hofsommer greifen. Auf 67 Seiten erörtert er nicht nur die Ursachen der andauernden Misere, sondern zeigt auch Lösungsentwürfe auf. Insofern handelt es sich um eine konstruktive und heilsame Studie, die den Eltern, Schülern, Lehrern, Politikern und der Kultusbürokratie empfohlen werden kann. Die Schrift aus dem Aton-Verlag in Unna ist des Weiteren in ihrer klaren Gliederung und Übersichtlichkeit nachahmenswert. Dank ihres handlichen Formats lässt sie sich auf jeden Elternabend als Argumentationshilfe mitnehmen.

Im Einzelnen wünscht der erfahrene Schulleiter a.D. und ehemalige Landtagsabgeordnete Hofsommer überzeugende, fordernde und fördernde Lehrerpersönlichkeiten, die den Klassen v.a. Inhalte (und weniger den Umgang mit technischen Hilfsmitteln) beibringen. Es komme insbesondere auf die Kernfächer – und dort verstärkt auf den Deutschunterricht – an: „Unsere jungen Menschen müssen viel besser im Umgang mit der Muttersprache Deutsch geschult werden. Dazu gehört, dass alle Lehrer in allen Fächern auf sprachliche Exaktheit dringen und dass der Deutschunterricht neben der Beschreibung von Vorgängen, Gegenständen und Bildern auch das verbalisieren von Schaubildern zum Gegensand macht. An Letzterem sind viele deutsche Schüler bei Pisa gescheitert“.

Der Jugendliche sei zum selbstbewussten Staatsbürger zu formen, der aufgrund einer soliden Allgemeinbildung, eines stabilen Werte- und Tugendfundaments sowie einer entwickelten Identität das Leben zu seinem eigenen und zum Wohl seiner Mitmenschen gestalten kann: „Das wichtigste Erziehungsziel [für Lehrer und Eltern] ist es, unseren jungen Menschen eine lebensbejahende Grundeinstellung zu vermitteln. Dazu bedarf es auch der Darstellung positiver Leitbilder, damit Jugendliche trotz unübersehbarer Widersprüche mit sich selbst eins bleiben“.




Heiner Hofsommer: Die Pisa-Pleite. Unna 2003.







Stefan Winckler

Ein Leitfaden für die desinformierte Öffentlichkeit. Roland Baaders Schrift für Jugendliche

Viele Angehörige der „Reflexionselite“ (Helmut Schelsky) wie Journalisten und Schriftsteller haben völlig unzureichende ökonomische Kenntnisse, aber gute Zugangschancen zu Lesern, Hörern und Zuschauern. Und vor allem keine Hemmungen, sich in den Medien zu äußern! Im Fernsehen oder in massenhaft produzierten Büchern zu Fragen der Wirtschaft allgemein oder der Arbeitslosigkeit im Besonderen sind Politiker (oder besser gesagt: deren „ghostwriter“) präsent, außerdem wissenschaftliche Außenseiter mit infotainment-Eigenschaften. Selbstverständlich stellen auch Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften, oft flankiert von Unterhaltungsprofis, ihre spezifische, einseitig begründete Sicht in Fernsehdiskussionen so dar, als ginge es ihnen um das Gemeinwohl. Der Trend zum „infotainment“ hat diese Neigung zu markanten, knappen, freilich oft unzureichenden und damit falschen Aussagen nur noch erhöht, zuungunsten der kompetenten Wissenschaftler, die sich der Zustimmung ihrer Fachkollegen dank anerkannter Forschungsleistungen erfreuen, aber eher „trocken“ argumentieren und auch der Nähe zur „Wirtschaft“ und zum „Kapital“ geziehen werden. Mehr noch: In manchen Schulbüchern werden bestenfalls oberflächliche, schlimmstenfalls groteske Behauptungen über die Marktwirtschaft aufgestellt, während die politische Bildung weitgehend durch Abwesenheit „glänzt“, Mit Berechtigung nannte Elisabeth Noelle-Neumann diese Entwicklung „Zweifel am Verstand“.


Während sich deutsche Wissenschaftler mit ihren Buchpublikationen eher an ein Fachpublikum richten, sind amerikanische Professoren stärker auf breite Konsumentenschichten ausgerichtet, und bemühen sich, nicht nur der eigenen Gemeinde zu predigen. Diese konsequente Marktorientierung in Theorie und Praxis macht auch den Autor Roland Baader aus, der sich dem klassischen Liberalismus, oder markanter: dem Wert der Freiheit verpflichtet fühlt. Sein Taschenbuch von 1999 richtet sich an junge Leute, die viele Einwände gegen die Marktwirtschaft haben, weil sie populären Schlagworten folgen, ohne mit diversem Hintergrundwissen versorgt zu werden. Er macht ihnen keinen Vorwurf: Die Schuldigen seien vielmehr in den Medien und den Schulen zu suchen, die die Jugend durch unzureichende Informationen „belügen“. Viele Informationen, die dort vermittelt werden, seien lediglich „politisch korrekt“, aber sachlich durch Verkürzung ganz einfach falsch und häufig angsteinflößend. Baader reagiert darauf mit der Beantwortung von 65 Fragen, die ihm so oder ähnlich auf Vortragsveranstaltungen gestellt wurden. Sie beziehen sich auf die Industrialisierung („Manchester“, Kinderarbeit, Imperialismus und Krieg), falsche (nämlich linke) „Liberalismen“, „Krisen“ des Kapitalismus, Globalisierung und „Ende der Arbeit“, weltweiten Kapitalfluss/Spekulation, Utopien, „sozialistische Kampfbegriffe“ wie „gnadenloser Wettbewerb“, „Macht der Konzerne“, „die Reichen werden immer reicher“, „soziale Ungerechtigkeit und Unmoral des Marktes“, Umweltzerstörung und Kritik von Christen. Baader argumentiert in der geistigen Tradition der mitteleuropäischen Ökonomen Schumpeter, von Hayek und von Mises (österreichische Schule) für einen minimalen Staat.


Auch wenn er sich zur freien Marktwirtschaft bekennt, die es nur in der Theorie gebe, finden wir einige Hinweise auf die Praxis, etwa die Aushandlung von Arbeitsverträgen in Neuseeland durch professionelle, spezialisierte Verhandlungsführer, die von außen angeheuert wurden, und sich im Wettbewerb um das grösste Verhandlungsgeschick beweisen mussten. Übrigens erwiesen sich Schlichtungsstellen rasch als unnötig.

Der Bezug auf die Bibel machte das Taschenbuch zusätzlich für Christen interessant, die ansonsten her für einen sozialen Konservatismus plädieren. Sind nicht die zehn Gebote die beste Grundlage für einen korrekten Umgang im Wirtschaftsleben? Gewaltanwendung ist untersagt, Verträge müssen eingehalten werden, das Eigentum ist unantastbar, Lügen ist verboten, Neid ist tabuisiert. Das fünfte Gebot hebt die Familie (genauer: die Eltern) und nicht irgendeinen kollektiven Verband als „grundlegende soziale und ökonomische Einheit“ hervor. Freiwilliges Geben und Mildtätigkeit sind christlich, nicht aber die unter Zwang geleisteten Steuern und Abgaben.  Trotz aller Erfolge im Wirtschafts- und Gesellschaftsleben könne der Markt eines nicht: den perfekten „neuen“ Menschen schaffen. Der Markt mit seinem „realistischen Menschenbild“ verweigert sich vielmehr dem Konstruktivismus der „Gesellschaftsingenieure“, die mit der Durchsetzung ihrer Utopien schon so viel Grausamkeit über die Menschheit brachten.

So haben wir ein Buch vor uns, das Vorurteile über die Marktwirtschaft fundiert und dennoch unterhaltsam widerlegt und das uns mahnt, sich für die Freiheit einzusetzen. Die Thesen sind leicht verständlich formuliert – es gibt in der Tat kaum Fremdwörter oder Fachbegriffe – aber klar und deutlich, originell und zuweilen angriffslustig. Hinweise auf die „Klassiker“ der freien Marktwirtschaft, v.a. Hayek, bieten eine zusätzliche Basis für eine umfassende Auseinandersetzung. Der Schluss ist sehr persönlich gehalten: „Noch unendlich wichtiger als die Freiheit ist die Liebe. Doch da man mit der Liebe zur Freiheit keine Untreue begeht, wird die Freiheit immer meine einzige und grösste ,Geliebte‘ bleiben".




Roland Baader: Die belogene Generation. Politisch manipuliert statt zukunftsfähig informiert. Gräfelfing 1999.




Stefan Winckler

Evolution und Religion – kein Widerspruch. Die Buch-Trilogie von Oberst a.D. Dr. Gerhard Lass

Schon immer war die menschliche Zivilisation höchst vielfältig und daher zu kompliziert, um sie mit einer einzigen allumfassenden, gar ewigen Ideologie zu erklären. Daran scheiterten Kommunisten und Nationalsozialisten, zumal auch die Hinterlassenschaft ihrer Klassen- und Rassenkämpfe einem Zivilisationsbruch gleichkommt. Der Jurist Dr. Gerhard Lass (der im Bundesministerium der Verteidigung am Aufbau der Bundeswehr mitwirkte und später als Berater mittelständischer Unternehmen arbeitete) legt die grundsätzlichen Ursachen für das Versagen der politischen Heilslehren dar: Sie basieren auf großen Programmen und Manifesten, die im Ansatz verfehlt waren und sich in der Praxis nicht bewährten, aber dennoch um so unerbittlicher in einer sich ständig wandelnden Welt aufgezwungen wurden. Erfolgversprechend aber kann – so Lass – nur sein, was auf der Tat (und nicht auf dem Wort) basiert und sich im freien Wettbewerb des praktischen Lebens bewährt. Umgekehrt: Was im Modellversuch scheitert, bedarf der Korrektur. Hier sollte sich der Mensch an die Spielregeln und Erfahrungen der Natur (deren Teil er ja ist) orientieren, anstatt sich für klüger als die Schöpfung (Evolution) halten. Diese Weisheit nennt Lass den Evolutionären imperativ: „Handle so, dass Teil und Ganzes, die eng vernetzten / immer wieder zusammenfinden, ohne das Ganze zu verletzen!“ Mit dieser Maxime, die bewusst an Kants Kategorischen Imperativ anknüpft, sind sowohl extremistische Gewalttaten mitsamt radikal-antidemokratischen Thesen verurteilt, als auch multikulturelle Visionen (da bislang weitgehend gescheitert) ausgeschlossen: Sie schaden der Bevölkerungsmehrheit. Weitere Beispiele aus Politik, Wirtschaft und Geschichte sind aufgeführt: Lesenswert sind die naturwissenschaftlichen Begründungen, des weiteren die literarische Form: „Ein neues Schöpfungsverständnis“ ist originellerweise in Versform leicht verständlich abgefasst, wobei dort auch folgende Brücke zum Christentum geschlagen ist:


„,Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst‘ – jetzt wird es offenbar,

von welcher Weisheit jene Botschaft getragen war:

Erst die Einbindung in ein vernetztes System

Befähigt uns, mitzuwirken im Schöpfungsgeschehen.

In der Bindung zum Nächsten

Erleben wir Gott und die Welt,

ein erweitertes Ich in größerer Bindung, im größeren Verband,

ein mit schöpferischer Energie geladenes Spannungsfeld

wie Familie, Beruf, Heimat, Volk und Vaterland“.



Gerhard Lass: Das Modell. Unna 1999.

Ders.: Ein neues Schöpfungsverständnis, Teil I und II. Unna 1999.






Stefan Winckler

Religiöses Leben in Österreich

Statistische Erhebungen über Religion in Deutschland sind im Internet leicht zu recherchieren. Erst 2013 erschien der Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung, der darüber hinaus auch Aussagen zur Religionsausübung in sehr unterschiedlichen Staaten auf vier Kontinenten enthielt. Doch ein Land bleibt in solchen Darstellungen ein wenig am Rande, obwohl es doch für Deutsche alles andere als eine terra incognita sein dürfte: Österreich. Wie sich die konfessionelle Zusammensetzung der Alpenrepublik gewandelt hat, soll im folgenden erschlossen werden. Dafür greifen wir auf die daten der Volkszählungen von 1991 und 2001 sowie von 2011 und 2013 zurück.

Österreich ist ebensowenig ein einheitlicher Block wie Deutschland oder wie Bayern. Unterschiede zwischen Stadt und land, um so mehr zwischen der Metropole Wien und der ländlichen Umgebung sind seit Jahrzehnten kenzeichnend. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg bürgerte sich das Wort vom „roten Wien“ ein. So wollen wir auch die Hauptstadt hier etwas genauer betrachten.

1991 waren 57,8 Prozent der 1,5 Millionen Wiener römisch-katholisch, zehn Jahre später war deren Zahl auf 49,2 Prozent gesunken (währenddessen war die Einwohnerzahl unwesentlich um etwa 10.000 Menschen gestiegen). Konfessionslos war 1991 jeder Fünfte (19,8 Prozent), zehn Jahre später bereits jeder Vierte (25,6 Prozent).

Fast verdoppelt hatte sich die Zahl der Muslime (von 4,0 auf 7,8 Prozent). Damit hatten sie den Bestand der evangelischen Christen deutlich übertroffen: er sank vom 5,4 auf 4,7 Prozent.


Der Rest verteilt sich auf die sonstigen Religionsgemeinschaften und auf diejenigen, die keine Angabe machten (1).

2011 hatte sich der Trend verfestigt: Bei einer Zahl von 1.714.142 Wienern waren 39 Prozent römisch-katholisch; 3,6 Prozent waren evangelisch-lutherische oder reformierte Christen (2); in jener Erhebung waren Muslime und Konfessionslose nicht gesondert aufgeführt.

Im ganzen Land ging die Zahl der Kirchenmitglieder zurück.

Die Volkszählung 2001 ergab bei einer Gesamteinwohnerzahl Österreichs von 8.032.926 eine Anzahl von 5.9.15.421 römisch-katholischen Christen, 376.150 Protestanten und 338.988 Muslimen (3)

Am 8. Januar 2013 meldete die Wiener Tageszeitung „Standard“ eine Zahl von 5,36 Millionen Katholiken: 63 Prozent von 8.440.435 Österreichern. Als protestantisch deklarierten sich 325.905 Gläubige (2012), d.h. 3,8 Prozent (4).

Es stellt sich die Frage nach den Ursachen. Am leichtesten lässt sich beantworten, warum der Anteil der Muslime gestiegen ist. Unter den Migranten stellen islamische Menschen einen überproportional großen Anteil dar, ebenso liegt in dieser Bevölkerungsgruppe die Geburtenrate deutlich höher als im österreichischen Durchschnitt. Dabei handelt es sich um Personen türkischer und bosnischer Herkunft.

Der Mitgliederschwund in den christlichen Kirchen lässt sich nur zum kleineren Teil mit den Missbrauchsskandalen erklären. Schon von 1971 bis 1991 sank der Anteil der römisch-katholischen Christen von 87,4 auf 78,0 Prozent, während der Missbrauchsskandal um den Wiener Erzbischof Groer erst 1995 publik wurde. Auch die protestantischen Kirchen schrumpften von einem Bevölkerungsanteil von sechs Prozent (1971) auf 4,7 Prozent 30 Jahre später.

Entsprechend waren konfessionslose Bürger 1971 mit 4,3 Prozent Bevölkerungsanteil noch eine Rarität, seit dem jedoch ständig zunehmend (5). Der tiefere Grund: In Westeuropa, auch in Österreich, lösen sich die altbekannten Milieus, die noch in der Nachkriegszeit intakt waren, allmählich auf. Parteien verlieren Wähler und Mitglieder, Gewerkschaften sind für die „Roten“ immer weniger attraktiv, die Kirchen verlieren an Bedeutung für getaufte Christen. Die großen Parteien SPÖ und ÖVP verlieren Wähler an die Grünen und an die FPÖ. Mitgliedschaften und Wahlverhalten von Großeltern und Eltern werden nicht mehr automatisch „vererbt“.

Dass die publizistische Debatte um Missbrauch die Entwicklung beschleunigte, ist aber auch nicht von der Hand zu weisen. Austritte erhöhten sich drastisch nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle am Priesterseminar St. Pölten und der großen Debatte in zahlreichen Ländern 2010.





Fazit

Es steht außer Zweifel, dass das Christentum in Mitteleuropa langfristig an Bedeutung verlieren wird, während so unterschiedliche Phänomene wie die Konfessionslosigkeit einerseits und der Islam andererseits deutliche Zuwächse verzeichnen werden. Österreich macht dabei keine Ausnahme, auch wenn die Bevölkerungsmehrheit in mehreren Jahrzehnten noch christlich sein wird. Wie stark diese Veränderungen sein werden, lässt sich nicht präzise vorhersagen. Offen ist auch, inwieweit der politische Einfluss des Islam, etwa durch eine eigene Partei, und der Einfluss entschiedener Atheisten gehen wird, die christliche Prägung der Alpenrepublik zu vermindern. Zweifellos kommt es aber aus Sicht eines freiheitlich-konservativen und christlichen „Lagers“ darauf an, sich zugunsten der eigenen Werte und der eigenen Identität einzusetzen – denn sonst könnten sich bürgerliche Wähler radikaleren Parteien und Gemeinschaften zuwenden, oder sich der Wahl enthalten.



(1)    Vgl. www.wien.gv.at/statistik/lebensraum/rft/religionsbekenntnis.rtf; www.wien-vienna.at/behoerden.php?ID=291; de.wikipedia.org/wiki/Demographie_Wiens)

(2)    www.wien.gv.at/statistik/lebensraum/tabellen/religionen-in-wien.html


(3)    Vgl. Statistik Austria (Hrsg.): Volkszählung. Hauptergebnisse 1- Österreich. Wien 2002, S. 58.


(4)    Vgl. www.evang.at/kirche/zahlen-fakten


(5)    www.oeaw.ac.at/vid


(6)    Vgl. www.oeaw.ac.at/vid





Stefan Winckler

WWWW - Welche Werte wollen wir?

Panta rhei. Alles fließt. Auch Werte können nicht immer unverändert, von den Menschen angenommen und geschätzt werden. Auch wenn sie sich langsamer wandeln als die Einstellungen und sehr viel stabiler sind als Meinungen, sind sie doch keineswegs „eingefroren“. Es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen sich Werte wie stark wandeln. Sie ist heute relevanter denn je, da sich der gesellschaftliche Wandel angesichts der Globalisierung im allgemeinen und der Internetnutzung durch breiteste Schichten im besonderen  sowie  durch die folgenreiche Weltfinanzkrise weit schneller vollzieht, als es selbst die kühnsten Fachleute vor wenigen Jahrzehnten angenommen haben.

Doch zuvor muss auf die Definition von „Werten“ eingegangen werden. Werte sind ethisch-moralische Zielvorstellungen.  In manchen Diskussionen werden sie mit Tugenden verwechselt. Unter „Tugenden“ sind stattdessen die Bedingungen zu verstehen, unter denen sich Werte entfalten können.  Werte und Tugenden werden gelegentlich miteinander verwechselt.


Dem Wandel der Werte in Familie, Schule und Arbeitswelt hat sich eine Expertenkommission, das Memoranden-Forum, in ihrem mittlerweile elften Band gewidmet.

Er erlebte 2012 seine vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage.

Den Eltern, Lehrern und den Schülern selbst wir die entscheidende Rolle beim Schulerfolg zugewiesen. Das klingt selbstverständlich, doch es ist hilfreich nachzulesen, was dies im einzelnen in Verbindung mit welchen Werten bedeutet. Nicht jeder ist sich seiner Aufgaben bewusst oder nimmt sie genügend ernst. Was die Wirtschaft betrifft, so wird dem Shareholder-Value-Denken und der kurzfristigen Gewinnmaximierung eine Absage erteilt. Auch das klingt selbstverständlich, doch ist zu prüfen, wie sich ein anderer, besserer, nachhaltigerer Weg auf der Grundlage von welchen ethisch-moralischen Zielvorstellungen umsetzen lässt: Ethische Anforderungen an Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind in übersichtlicher Form beschrieben. Dies kommt dem schnellen, praxisorientierten Leser zugute.

Als Schlusskapitel lesen wir ein Praxisbeispiel. Wie löst die Mittelschule Paunsdorf im Leipziger Osten die Herausforderung, ihren Schülern jene Werte zu vermitteln, die zu einem erfolgreichen Miteinander führen?

Memoranden-Forum - Bonner Impulse für Gesellschaft und Wirtschaft (Wolfgang Gärthe u.a. Hrsg.): Wertewandel in Familie, Schule und Arbeitswelt (Memorandum 11). Aschaffenburg 2012

© Stefan Winckler

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