Stefan Winckler
Historiker und Buchautor

Stefan Winckler

VERTEIDIGUNG DER FREIHEITLICHEN DEMOKRATISCHEN GRUNDORDNUNG

Weil es sich aber zeigt, dass der Gang der Dinge so läuft, wie es vorher, kein Forscher und kein Geschichtsphilosoph, weiß und will, weil hinter dem Bewußtsein des Menschen etwas Entscheidendes geschieht, das er doch durch sein Bewußtsein bewirkt, so bleibt unsere Geschichtsauffassung offen und fragend. Je klarer wir geschichtlich erkennen, desto mehr verschwinden die vorwegnehmenden Totalauffassungen. Die Geschichte ist nicht am Ende.

Zur Freiheit gehört es, daß wir uns geschichtlich einsenken und dabei doch keiner totalen Geschichtsdeutung uns unterwerfen. Aber die weltgeschichtlichen Perspektiven, das unablässige Bewusstmachen des Wirklichen und des Möglichen, die Steigerung des geschichtlichen Bewußtseins mit der Geschichte selber ein Grundzug unseres europäischen Geistes.

 

Karl Jaspers: Vom europäischen Geist. Vortrag, gehalten in Genf September 1946, veröffentlicht als Broschüre München 1947.  

   

Stefan Winckler

Staatsbürgerliche Erziehung im Mehrvölkerstaat

 

Wie können die Schulen, insbesondere die Sekundarstufen, dazu beitragen, dass sich die Einwohner eines Landes mit dem Staat identifizieren können? Keineswegs eine irrelevante Frage, zumal wenn sich mehrere Volksgruppen in einem neu konstituierten Staate wiederfinden. Sicher, die Erste Tschechoslowakische Republik verfügte über eine Verfassung, und nach den Maßstäben der freiheitlichen Demokratie war das Staatsgrundgesetz vom 29.2.1920 von hoher Qualität. Da aber Verfassungsurkunden nicht zu den Bestsellern, am wenigsten in den niederen und mittleren Schichten der Bevölkerung, gehören, muss die Frage nach dem Integrationsleistungen des Staates auf den Alltag zielen. Da sind die Schulen als Erziehungsanstalten angesprochen.

Mirek Němec  hat diese Frage als Doktorand im Fach Geschichtswissenschaften mit Blick auf die Mittelschulen bearbeitet. Mittelschulen waren im „alten Österreich“ und in der Tschechoslowakei  weiterführenden Schulen wie etwa Gymnasien.  

An vielerlei Stellen ist seit 1919 meist in einseitiger, anklägerischer Absicht hervorgehoben worden, dass der tschechoslowakische Staat deutsche Schulen geschlossen hatte. Aber was die Schulen leisteten (oder nicht leisten konnten), wissen wir kaum. So ist Němecs Leitfrage durchaus originell.

Insgesamt lässt sich aus Němecs Untersuchungen schließen, dass der tschechoslowakische Staat nur sehr wenige Ansätze zur Integration der Staatsbürger in den Staat unternahm, was Němec  auch für den Schulalltag nachweist. In höherem Maße als erwartet ließ er deutschen, gerade auch deutschnationalen Lehrern viel Freiheit. Die Kontinuität zum „alten Österreich“ war höher als vom Rezensenten erwartet, obwohl die ČSR sich als moderner Staat begriff, der den Gegensatz zum Habsburgerreich gerne hervorhob.

 

Mirek Němec : Erziehung zum Staatsbürger? Deutsche Sekundarschulen in der Tschechoslowakei 1918-38 (Veröffentlichungen zur Kultur und Geschichte im östlichen Europa). Essen 2010. 

   

Stefan Winckler

Hindenburg in der aktuellen politischen Diskussion und in den Debatten der Historiker

 

Seit einigen Jahren wird in einer Reihe von Städten eine mehr oder weniger geschichtspolitische Forderung diskutiert: Sollen Straßen und Plätze, die den Namen von Feldmarschall und Reichspräsident Paul von Hindenburg tragen, umbenannt werden? In Münster beispielsweise heißt der Hindenburgplatz vor dem Schloss seit 2012 „Schlossplatz“, nachdem der Stadtrat mit deutlicher Mehrheit in diesem Sinne abgestimmt hatte. Eine Bürgerinitiative versuchte vergeblich, den Stadtrat zur Rückbenennung zu bewegen. Ein Bürgerentscheid über die Frage der Rückbenennung nach Hindenburg bestätigte den „Schlossplatz“ anstelle des „Hindenburgplatzes“.

In Kiel trägt das Hindenburgufer in seiner ganzen Länge seit 2014 auf Betreiben der SPD, den Grünen und der Linken im Stadtrat den Namen „Kiellinie“. Mit deren Stimmen und auch mit Unterstützung der CDU strich die Stadt zugleich Hindenburg aus der Liste der Ehrenbürger – eben dieses war 2013 auch in Rostock und Tübingen geschehen.  

In Hamburg erhielt als Kompromiss ein Teilstück der Hindenburgstraße einen anderen Namen.

In verschiedenen Orten und Städten scheiterte die Umbenennung an den Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat, beispielsweise in Coburg, wo die Hindenburgstraße ihren Namen (seit 1917!) behalten wird. Ebenso im schwäbischen Biberach.

Alles in allem stellten vor allem die Grünen den Antrag auf Umbenennung, während sich die CDU in der Regel widersetzte.

Was sagen die Einwohner? Ein Beispiel wäre das Ergebnis des Bürgerentscheids am 21. April 2013 in Garmisch-Partenkirchen: An der Abstimmung mit der Frage, ob der Name "Hindenburgstraße" beibehalten werden soll, beteiligten sich 6176 Bürgerinnen und Bürger (29,3 Prozent). Mit "Ja" stimmten 5517 (89,3 Prozent), mit "Nein" 659 (10.7 Prozent). In Voerde am Niederrhein lautete die Frage: „Sind Sie dafür, dass die Hindenburgstraße weiterhin ihren Namen behalten soll?“. Ergebnis: 9685 gültige Stimmen, davon „ja“: 8966, und „nein“: 719 Stimmen. 

Argumente gegen eine Umbenennung sind teils politischer, teils wirtschaftlicher Natur. Hindenburg gehöre als hochgeschätzter, ja verehrter Feldmarschall zur deutschen Geschichte. Als Reichspräsident habe er sich an seinen Eid auf die Verfassung gehalten, was ihm als Monarchisten nicht leicht gefallen sein mag, und er habe Hitler so lange verhindert, wie es nur ging. Und war ihm Hitler, der „böhmische Gefreite“, nicht außerordentlich unsympathisch? Das ist es, was üblicherweise über Hindenburg zu hören ist. Noch stärker apologetischen Charakter tragen zudem die Hindenburg-Biografien von Walther Hubbatsch und Werner Maser. Auch sei eine Umbenennung mit Aufwendungen für jeden Anwohner der jeweiligen Straße verbunden, etwa durch die notwendigen Adressenänderungen in Ausweisen, im Geschäftsverkehr usw. Insofern ist ein Votum für die Beibehaltung einer „Hindenburgstraße“ oder eines „Hindenburgplatzes“ wohl oft persönlich und unpolitisch motiviert, und es kann jedenfalls nicht unbedingt auf eine rechte politische Gesinnung geschlossen werden.

Häufig stammen die Ehrungen für Hindenburg aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, als Dank für seine militärischen und nicht für seine politischen Leistungen. Bekanntlich übernahm Hindenburg aber 1925 das Amt des Reichspräsidenten, das er bis zu seinem Tode 1934 innehatte. Der Garmischer Lokalhistoriker Alois Schwarzmüller formuliert es zutreffend, wenn er feststellt: „2012 ist Paul von Hindenburg nicht mehr der, der er 1917 war. Die Geschäftsgrundlage für die Ehrung ist weggefallen. Nicht mehr der ,Retter des Vaterlandes‘ im Jahre 1914 steht zur Debatte, sondern der Steigbügelhalter Hitlers in den Jahren 1932 bis 1934. Hindenburg half Hitler nicht nur in den Sattel, sondern sah ihm beim Reiten mit großem Wohlwollen zu. In die Zügel fiel er ihm nie mehr.“

Angesichts dieser Debatten empfiehlt es sich, zumindest in den entsprechenden Städten, über Hindenburg ein wenig Bescheid zu wissen. Der Stuttgarter Historiker Wolfram Pyta, Professor für Neuere Geschichte, legte 2007 eine sehr umfangreiche, detaillierte Monografie über den Feldmarschall und Politiker Hindenburg vor. Daraus geht hervor, dass Hindenburgs Leistungen während des ersten Weltkriegs sehr viel geringer waren, als es der seinerzeitige „Hindenburg-Mythos“ behauptete. Hindenburgs Wort vom „Dolchstoß“ gegen das „im Felde unbesiegte deutsche Heer“  hatte eine verheerende Wirkung. Zwar handelte Hindenburg streng verfassungstreu in seiner ersten Amtszeit als deutsches Staatsoberhaupt, doch hatte er entgegen dem Geiste der Verfassung stets eine „Volksgemeinschaft“ favorisiert, die er durch Hitler, seinen „lieben Kanzler“ 1933 verwirklicht sah. In seiner ebenso detaillierten wie leicht lesbaren Buchveröffentlichung schreibt Pyta weiter, Hindenburg sei 1932/33 keineswegs wie Wachs in den Händen einer Kamarilla gewesen, und er sei kaum als gebrechlich und nicht als senil aufgefallen (wie es sonst oft in Büchern oder im Schulunterricht behauptet wird). Hindenburg habe stets die „Einigung“ der Nation und seinen Mythos als „großer Feldherr und Retter im Weltkrieg“ gesehen, habe andere mit unpopulären Entscheidungen vorgeschickt (etwa General Wilhelm Groener), wenn sein Ruf in Gefahr war. Dies habe auch zur Entlassung von Reichskanzler Heinrich Brüning geführt, dessen unpopuläre Notverordnungen Hindenburg nicht mehr unterschreiben wollte. Hindenburgs habe sein Motto „Die Treue ist das Mark der Ehre“ also wiederholt beiseite geschoben. Hitler bot ihm hingegen die Ehrung als großer Militär und den ersehnten Rückzug aus der Tagespolitik, so dass Hindenburg Ende 1933 schrieb: „Es war ja immer meine Meinung, dass das Heil für Deutschland nur im Zusammenschluss aller Parteien zu einer gemeinsamen Vaterlandspartei liege. Das ist Hitler nun gelungen“ (S. 832).

 

Das umfangreiche Buch ist eine spannende, wertvolle Lektüre zu einem geschichtlichen und aktuell geschichtspolitischen Thema. Es kann ohne Einschränkung empfohlen werden.

 

Wolfram Pyta: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler. München 2007

   

Stefan Winckler

Programmierte Vernichtung. Der Gegensatz von Katholiken und Nationalsozialisten

 

Im Jahre 2002 erhielt die Debatte um Papst Pius XII. und sein Verhalten gegenüber der NS-„Endlösung“ neue Nahrung. Nachdem John Cromwells Sachbuch „Hitler’s Pope“ zur Jahrtausendwende erschienen war, hatte der Film „Amen“ des einstmals berühmten Regisseurs Costa-Gavras Premiere. Er basiert auf Rolf Hochhuths Schauspiel „Der Stellvertreter“. Aussage: Die Katholische Kirche, allen voran der Papst, haben zu wenig oder gar nichts getan, um den Holocaust abzuwenden. Der Katholizismus sei im Grund judenfeindlich gewesen.

Konrad Löw, emeritierter Professor für Politikwissenschaft in Bayreuth mit Schwerpunkt Extremismus- und Totalitarismusforschung, widerspricht diesen Behauptungen mit einer leicht verständlichen, durch viele Zitate angereicherten Monografie über „Die Schuld. Christen und Juden im Urteil der Nationalsozialisten und der Gegenwart“. Mit dieser Studie über den Kirchenhass der Hitlerbewegung schließt er eine Lücke in der Forschung, da der Gegensatz zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus in den letzten Jahrzehnten eher selten und weitgehend auf lokaler Ebene behandelt wurde – obwohl es für Wissenschaft, Film und Roman doch genügend Quellenmaterial gäbe! Des Weiteren ist Konrad Löw im Gegensatz zu vielen Autoren der Gegenwart im Dritten Reich, und zwar in einem katholischen Elternhaus, aufgewachsen.

Tatsächlich warnte die katholische Kirche sehr früh vor der Vergötzung von Rasse und Nation. Umgekehrt beschimpften die Nationalsozialisten Priester als „Judenknechte“. Auch nach 1933 blieb die katholische Kirche und zum Teil auch die Lutheraner ihren Werten und Einstellungen treu, allen Drohungen und Gewaltakten durch die NSDAP zum Trotz. Nicht wenige Geistliche bezahlten diese tapfere Haltung gegen den Antisemitismus und den totalitären Staat mit KZ-Haft, ihrer Gesundheit und materiellen Schäden. Viel spricht dafür, dass der Christenhasser Hitler die katholische Kirche nach einen Sieg „rücksichtslos“ (seine liebste Formulierung), also bis zur Vernichtung, bekämpft hätte. Wie weitsichtig hingegen Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII. war, zeigt sein Ausspruch Jahre vor der Machtergreifung des „böhmischen Gefreiten“: „Ich müsste mich sehr, sehr täuschen, wenn dies hier ein guten Ende nehmen sollte. Dieser Mensch [Hitler] ist völlig von sich selbst besessen; alles, was nicht ihm dient, verwirft er, was er sagt und schreibt, trägt den Stempel seiner Selbstsucht; dieser Mensch geht über Leichen und tritt nieder, was ihm im Weg ist – ich kann nur nicht begreifen, dass selbst so viele von den Besten in Deutschland dies nicht sehen, oder wenigstens aus dem, was er schreibt und sagt, eine Lehre ziehen. Wer von all diesen hat überhaupt das haarsträubende Buch „Mein Kampf“ gelesen?

 

Konrad Löw: Die Schuld. Christen und Juden im Urteil der Nationalsozialisten und der Gegenwart. Gräfelfing 2002. 

 

Hitlers „Gummilöwe“. Die Biografie der Historikerin Kirstin Schäfer über Generalfeldmarschall Werner von Blomberg

 

Der Reichskriegsminister Generalfeldmarschall Werner von Blomberg heiratete Anfang 1938, fast 60-jährig, eine 24-jährige Frau, die in den Akten der Sittenpolizei wegen pornografischer Fotos registriert war. Dies kostete ihn das Ministeramt (Blomberg-Fritsch-Affäre). 1945 internierte ihn, der zu seinem Leidwesen keine Verwendung im Zweiten Weltkrieg fand, die amerikanische Armee in einem Nürnberger Hotel. Er hatte vor dem Internationalen Militärtribunal als Zeuge auszusagen. Im Jahr darauf starb Blomberg eines natürlichen Todes, freilich mag Verbitterung seine Krebserkrankung beschleunigt haben.  

Kirstin A. Schäfer hat nun bei dem Berliner Historiker Hagen Schulze die erste geschichtswissenschaftliche Dissertation über diesen General vorgelegt. Für den aus einer traditionsreichen preußischen Offiziersfamilie stammenden Werner von Blomberg, geboren 1878 im pommerschen Stargard, war der Beruf des Soldaten im Grund vorgegeben. Fast nur im Generalstab und nur selten als Truppenkommandeur wirkend, erlebte er den „Ersten Weltkrieg vorwiegend als Papierkrieg“. Für seine Leistungen erhielt er den höchsten Orden Pour le Merite.

Der Autorin gelingt es mit der Darstellung von Blombergs Reichswehrkarriere, die unterschiedlichen Tendenzen im 100.000-Mann-Heer auf den Punkt zu bringen. Stand auf der einen Seite der „Traditionalist“ Hans von Seeckt, versuchten auf der anderen Seite jüngere „Modernisierer“ wie Blomberg im Massenzeitalter moderne, auch technisch stark weiter entwickelte Streitkräfte anstelle der Elitetruppe zu setzen. Der zukünftige Krieg werde anders sein, als die immer noch vorhandenen Anhänger Schlieffens annahmen, so Blomberg und sein Förderer Walter Reinhardt.

Blomberg setzte sich mit zahlreichen Fachartikeln auseinander, ohne aber selbst als Fachautor in Erscheinung zu treten. Er leitete die Zusammenarbeit der Reichswehr mit Sowjetrussland, wobei er sich über den östlichen Partner – nicht nur bezüglich militärischer Details – fast überschwänglich feierte. Lag in dieser selektiven Wahrnehmung nicht schon ein allzu großes Verständnis für totalitäre Herrschaft? Nicht nur in militärischen Fragen war Blomberg „modern“. Kulturell aufgeschlossen, ein vorzüglicher Kenner deutscher und ausländischer Romane, war er intellektuell sehr neugierig, geradezu auf der Suche nach Orientierung in den krisengeschüttelten 1920er Jahren.

So stieß er, der sich schneller als seine Offizierskameraden begeistern ließ, auf Theosophie, Anthroposofie, nicht zuletzt auf die Lehren Hermann Graf Keyserlings. Hingegen war sein Christentum schwach entwickelt, wodurch er sich vom traditionellen preußischen Offizier unterschied. War durch die mangelnde ethische Bindung auch ein biegsamer Charakter der äußerlich „blendenden Erscheinung“ Blomberg vorgegeben, wie ihn der mit Stahlhelm Posierende am „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 darstellte? Eine wichtige Frage, die vielleicht nicht abschließend beantwortet werden kann.

Mit Blombergs Namen ist die Öffnung der bislang demonstrativ unpolitischen Reichswehr gegenüber der nationalsozialistischen Lehre und Symbolik verknüpft, bis hin zur Entlassung jüdischer Soldaten Anfang 1934. Die Faszination, die Hitlers Person und die Veränderungen 1933/34 auf Blomberg ausübten, wurde nicht einmal durch den Mord an seinen Generalskameraden Kurt von Schleicher und Ferdinand von Bredow erschüttert, zumal die Weiterentwicklung der Reichswehr zur Wehrmacht rasch  voran schritt und sich so Blomberg Ziele verwirklichten.

Der gleiche Blomberg fühlte sich mehrfach durch einen Händedruck seines Idols gar von Erkältungen geheilt, wie nicht Schäfer, sondern Joachim Fest in seiner Hitler-Biografie vermerkte. Er galt selbst bei Kameraden als „Gummilöwe“, der die Vereidigung der Soldaten auf den „unbedingten Gehorsam“ gegenüber dem „Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler“ am 2. August 1934. Sehr beliebt war der schwärmerische „Hitlerjunge Quex“, so der Spitzname in Offizierskreisen, also nicht.

Nach der - höflich ausgedrückt – unstandesgemäßen Ehe 1938 war Blomberg nicht mehr zu halten. Möglicherweise galt er Hitler mittlerweile als zu weich und unsicher, zumal Blomberg Bedenken gegen Hitlers Eroberungspläne aussprach, wie sie in der Hossbach-Niederschrift nachweisbar sind. Typisch für den Totalitarismus verschwand sein Name aus den Massenmedien.

In Nürnberg widersprach Großadmiral Erich Raeder Blombergs Aussage, es sei vorherrschende Meinung der Generalität gewesen, die Frage des Polnischen Korridors müsste eines Tages „nötigenfalls  mit Waffengewalt“ gelöst werden: „Ich habe niemals von einer solchen Auffassung gehört. Mir gegenüber hat der General von Blomberg niemals so etwas geäußert“. Auch GFM Wilhelm Keitel war enttäuscht, als Blomberg ihn „als seiner Stellung nicht gewachsen“ einschätzte. GFM Gerd von Rundstedt resümierte über Blombergs Einstellung zum Nationalsozialismus: „Wir sind immer unpolitisch geblieben. Es gab natürlich aktive Nationalsozialisten, wie Reichenau und Blomberg, in der Armee. Die große Masse war politisch absolut gleichgültig“. Blombergs Aussagen und seine Isolierung unter den Militärs hätten in der vorliegenden Biografie noch etwas stärker herausgearbeitet werden können.

 

Das Buch ist auf breiter Quellenbasis durchweg spannend geschrieben. Eine Reihe von Fotos rundet das Werk ab. Weitgehend enthält es sich der Wertungen und Klischees. Insofern verhält sich die Autorin wie ein ermittelnder Kriminalbeamter, statt sich als Richter, Ankläger oder Verteidiger zu gebärden. Genauso sollte es in der Geschichtswissenschaft auch sein.

 

Kirsten A. Schäfer: Werner von Blomberg – Hitlers erster Feldmarschall. Eine Biografie.  Paderborn 2006. 

   

Stefan Winckler

Ein williger Vollstrecker des Totalitarismus

Die Biographie des deutschen Berufssoldaten Paul H. Markgraf (SED) unter besonderer Berücksichtigung seiner Amtszeit als Berliner Polizeipräsident 1945-48/49

 

1.  Die autoritäre und die totalitäre Persönlichkeit

 

Im Unterschied zur autoritären Persönlichkeit, wie Theodor Adorno sie beschrieb, ist die totalitäre Persönlichkeit kein durchschnittlich begabter Untertan, der nach oben hin buckelt, nach unten tritt und eigentlich ein wenig politischer Mensch ist. Die totalitäre Persönlichkeit wirkt vielmehr in der Regel als politisch hochmotivierter, intelligenter Karrierist, der sich bei seinen von der jeweiligen totalitären Partei sanktionierten Verbrechen öffentlich auf das "Volk" und die "Gemeinschaft" beruft, in Wirklichkeit aber vorbehaltlos der "Bewegung", sprich: seiner Partei (mehr als dem Staat) verpflichtet ist. Genauer: Solange ihre Partei die Macht noch nicht vollständig ergriffen hat, wird die totalitäre Persönlichkeit gegenüber Vorgesetzten und Kollegen anderer politischer Couleur vorsichtig argumentieren. Sie wird strittige Vorgehensweisen damit begründen, sie habe keineswegs im Parteiauftrag, sondern im Namen der "Massen", der "Demokratie", "der Freiheit" gehandelt. Noch größere Nenner sind "Gerechtigkeit" und "Frieden". Wenn ihre "Parteigenossen" bzw. "Genossen" Staat und Volk kontrollieren, wird sie sich offen zu seiner Gesinnung, d.h. zu Faschismus, Nationalsozialismus bzw. Kommunismus bekennen.  Die Maske lässt sie fallen, die totalitäre Persönlichkeit kann sich ohne Risiko auf die "Schaffung einer neuen Gesellschaft" berufen. Sie wirkt an Staatsverbrechen mit, weil sie den "Feind" ("Kapitalisten", "Reaktionäre", "Plutokraten") zu durchschauen glaubt und sich die angeblich richtige, auf Rassen- und Klassendenken "wissenschaftlich" verbrämte Sichtweise angeeignet hat.

Die totalitäre Persönlichkeit ist also ideologisch geschult, während die autoritäre Persönlichkeit vergleichsweise unpolitisch ist. Die Mitwirkung an Staatsverbrechen kann auch Verstöße gegen die Verfassung oder Rechtsordnung einschließen, solange nur der "Partei" genützt und dem Feind geschadet wird. Die totalitäre "Bewegung" mit ihrer Ideologie hat also Vorrang. 

Die autoritäre Persönlichkeit hat in den meisten Fällen keinen Kontakt zu Politikern, die totalitäre Persönlichkeit ist in einen Verwaltungsapparat zwecks Machtausübung und -erhaltung fest eingebunden; das bedeutet: Empfang, Weiterleitung und Durchsetzung von Befehlen. Zu einer totalitären Persönlichkeit passt eine Karriere in der zentral gelenkten Planwirtschaft ("Kommandowirtschaft"), noch besser geeignet ist sicher eine Polizei- und Militärkarriere, da dort das System von Befehl und Gehorsam am stärksten ausgeprägt ist. Die totalitäre Persönlichkeit beteiligt sich nach "außen" maßgeblich am "Verschwindenlassen" politisch unliebsamer Bürger ("Volksfeinde"), sie ist nach "innen" auf straffe Führung und scharfe Überwachung der unterstellten Mitarbeiter bedacht.

Eine totalitäre Persönlichkeit soll hier im Zusammenhang mit der Spaltung Berlins beschrieben werden: der Berufssoldat Paul Herbert Markgraf, ein zuverlässiges Instrument der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland und der SED.

 

2. Material- und Forschungslage 

 

Bei allen biografischen Angaben stütze ich mich, soweit nicht anders angegeben, auf Markgrafs eigene Aussagen, die er 1987 und 1988 dem Oberleutnant der Volkspolizei Peter Rhode (SED) für dessen 32-seitige Diplomarbeit im Fach Marxismus-Leninismus gegeben hat, und die im Anhang A, B und F jener Arbeit in Form von Interviews wiedergegeben sind. Anhang C enthält ein Interview der Polizeihistorikerin Schönefeld mit Markgraf, Anhang D ein Gespräch Rhodes mit Generalmajor Gondessen und Anhang E ein Interview mit dem Oberleutnant der VP Michelazzi. Einzusehen ist diese Schrift in der Polizeihistorischen Sammlung des Berliner Polizeipräsidiums in Berlin-Tempelhof, ebenso wie einige Zeitungsausschnitte, Fotos, ein Verzeichnis der Orden Markgrafs und einen Brief an Markgraf aus den Vereinigten Staaten. Mehrere Quellen, z.B. Anweisungen Markgrafs in seiner Funktion als amtierender und suspendierter Polizeipräsident gehören ebenfalls dazu. Ein kleiner Teil dieser Quellen ist aussagekräftig, wertvoller sind die Aussagen von Zeitzeugen.

Abgesehen von dieser Ausarbeitung Rhodes und einiger polizeigeschichtlicher, aber allgemein gehaltener Abhandlungen ist Markgraf kaum erforscht. Sein Name findet sich aber überall dort erwähnt, wo etwas über die Polizeigeschichte Berlins 1945 bis 1948 geschrieben steht.

 

3., Biografie

 

Paul H. Markgraf wurde am 17. Juli 1910 in Berlin als Sohn eines kaufmännischen Angestellten und einer Verkäuferin geboren. nach der mittleren Reife erlernte er das Bäckerhandwerk, bis er sich 1931 auf zwölf Jahre zur Unteroffizierslaufbahn verpflichtete. Er selbst spricht von guten sportlichen Leistungen, die ihn dazu bewogen hätten. Wahrscheinlich dürfte aber die Wirtschaftsdepression den Ausschlag gegeben haben. Auch wenn der Eintritt in die Reichswehr alleine kaum als Beleg für eine rechtsgerichtete Einstellung gewertet werden kann, so dürfte eine Laufbahn als Zeitsoldat eine autoritäre, antidemokratische Gesinnung stark gefördert haben. Im Zweiten Weltkrieg wurde er vom Hauptfeldwebel zum Leutnant (1. Oktober 1941), Oberleutnant (1. Februar 1942) und Hauptmann befördert.[1] Anderen Quellen soll er es gar zum Oberstleutnant[2] und Regimentskommandeur[3] gebracht haben. Ein solcher Karrieresprung war recht selten, denn Unteroffiziersdienstgrade konnten nur aufgrund "einzigartiger Leistungen vor dem Feind" in die Offizierslaufbahn aufsteigen.[4]Vor Stalingrad erhielt Markgraf das Ritterkreuz, eine Auszeichnung, die nur für "außergewöhnliche und kampfentscheidende Tapferkeitstaten und ausschlaggebende Führungsdienste" an Träger des Eisernen Kreuzes Erster Klasse kraft Hitlers Entscheidung verliehen wurde.[5]

Es ist gut möglich, dass er wie viele Offiziere seiner Altersgruppe, die ihre Jugend ausschließlich unter Hitler verbrachten und eine aussichtsreiche Karriere vor sich hatten, dem Nationalsozialismus und insbesondere Hitler als "Führer" und Oberbefehlshaber der Wehrmacht völlig ergeben war und sich nichts anderes als den totalen Sieg Deutschlands vorstellen konnte. Mitglied der NSDAP konnte er aber nicht gewesen sein, da Wehrmachtsangehörige vor 1943 nicht "Parteigenossen" werden durften. Jedenfalls war er ein fanatischer Soldat, was auch ein sowjetischer Kommandeur bei Markgrafs Gefangennahme in Stalingrad anerkannte: "Herr Markgraf, wenn Sie so, wie Sie für eine ungerechte Sache gekämpft haben, für eine gerechte Sache kämpfen, werden wir Freunde".[6]

 

3.1. Kaderpolitik und Parteilichkeit

 

Stalingrad wurde zur Wende in seinem Leben: Er schloss sich in der Kriegsgefangenschaft der siegreichen Seite an, und das war die andere totalitäre Macht, die UdSSR. Möglicherweise dürfte das Bewusstsein, dass Hitler, ihn, Markgraf, und seine Soldaten verraten und geopfert hatte, ausschlaggebend gewesen sein. Am 20. April 1943 half er mit, eine Gruppe Hitler-treuer Kriegsgefangener zu isolieren. Er stellte damit Organisationstalent und eine neue, nun "antifaschistische" Kampfbereitschaft unter Beweis.  Es war Walter Ulbricht, der ihn aus 500 Kandidaten zunächst zu einem vierwöchigen Kurs nach Gorki auswählte, wo er den späteren ersten Staatssicherheitsminister der DDR, Wilhelm Zaisser, als Lehrer erlebte. 70 Lehrgangsteilnehmer, darunter Paul Markgraf und General Vinzenz Müller (der später die Nationale Volksarmee aufbauen half) wählte wiederum Ulbricht zu einer Schulung an der "Hochschule des Leninismus" in Krasnogorsk bei Moskau aus. Dort spielte die ideologische Schulung die Hauptrolle.[7] Während der Kriegsgefangenschaft gehörte Markgraf zu den Gründern des Bundes Deutscher Offiziere. 

Umstritten ist der Zeitpunkt, wann er für das Amt des Berliner Polizeipräsidenten bestimmt wurde. Der Polizeihistoriker Horst Vierthaler nannte gegenüber dem Verfasser das Jahr 1943. Im Alter von 33 Jahren, ohne Polizeierfahrung! Markgraf selbst antwortete gegenüber Rhode, eine Bürgerversammlung unter sowjetischer Aufsicht habe ihn spontan zum Inspektionsleiter in Berlin-Friedrichshain gewählt, und nach einigen Tagen habe ihn Stadtkommandant General Bersarin zum Polizeipräsidenten ernannt. Dem Spiegel 12/1948, S.5 zufolge war der "Sieg" Markgrafs in einem Aufsatzwettbewerb in Kriegsgefangenenlager ausschlaggebend, in dem die Frage zu beantworten war: "Was würde Sie tun, wenn Sie Polizeipräsident von Berlin wären?" (leider ist das Manuskript nicht im Polizeiarchiv vorhaben, ebenso wenig weitere Angaben zum Inhalt).

Jene Berliner Zeitungen, die von den westlichen Alliierten lizenziert worden waren, zweifelten nach 1946 an der Qualifikation Markgrafs für den Posten des Polizeipräsidenten. Wahrscheinlich war aber die Erfahrung eines Kriminalers, Juristen oder Schutzpolizisten bei der SMAD viel weniger gefragt als die militärtaktischen Kenntnisse, die zur Herrschaftsausübung notwendig erschienen. Mit anderen Worten: Wie ist eine paramilitärische Truppe gegen einen Volksaufstand einzusetzen? Den politischen Charakter seiner Ernennung bestritt auch die DDR-offizielle Zeitschrift für Geschichtswissenschaft nicht: 

 

"Die Zerschlagung aller faschistischen Bestrebungen, die Herstellung von Sicherheit und Ordnung sowie der Schutz der revolutionären Umwälzungen erfordern die Schaffung zuverlässiger Sicherheitsorgane. Schon in der Resolution der Berner Konferenz der KPD von 1939 war gesagt worden, dass sich die neue demokratische Republik im Gegensatz zur Weimarer Republik in der Armee, der Polizei und im Beamtenapparat zuverlässige Verteidiger der demokratischen Verhältnisse schaffen müsse. Die neue Polizei musste eine einheitliche, festgefügte, absolut zuverlässige, moralisch saubere und gut disziplinierte antifaschistisch-demokratische Organisation sein (...). Markgraf hatte hohen Anteil daran, dass die Volkspolizei in Berlin in den ersten Jahren ihres Bestehens ihre Aufgaben erfüllt hat"[8]

 

In der Tat: Dass er als ein wichtiger Kader vorgesehen war, wird vielmehr daran erkennbar, dass ihn die Rote Armee bereits am 30. April 1945 einflog, zeitgleich mit der Gruppe Ulbricht, aber in einem anderen Flugzeug zusammen mit Kriegsgefangenen, die wie er nach absolvierten Antifa-Lehrgängen hohe Funktionen[9] erhalten sollten, so dass er nach Amtsantritt am 20. Mai 1945 (noch vor dem Eintreffen der westlichen Alliierten in Berlin) sofort beim Aufbau der Nachkriegs-Polizei mitwirken konnte. Ulbrichts Angebot, als KPD-Funktionär in Berlin zu wirken, lehnte Markgraf mit der Begründung ab, er sei zu sehr "Theoretiker", im Unterschied zu den "kampferprobten Genossen". Wahrscheinlich hielt er das Amt des Polizeipräsidenten für einflussreicher. Aber war nicht seine Funktion schon in der UdSSR festgelegt worden, oder fürchtete er den "Stallgeruch" der erfahrenen Kommunisten?

Rein rechtlich war er nach seiner Bestellung zum Polizeipräsidenten dem Magistrat, genauer: dem stellvertretenden Oberbürgermeister Karl Maron (KPD/SED) im Range eines Abteilungsleiters unterstellt, denn bei der Berliner Polizei handelte es sich um eine Stadtpolizei. Dieses Dienstverhältnis stand weder  für den Magistrat noch für den Polizeipräsidenten außer Zweifel, wie Dokumente aus dem Jahr 1945 belegen[10]. Wie wir weiter unten noch darstellen werden, änderte sich diese Einstellung zum Dienstverhältnis, als der Einfluss der SED nach den verlorenen Wahlen 1946 zurückging, d.h. als es zum Konflikt Markgrafs mit dem christdemokratischen Bürgermeister Ferdinand Friedensburg und der nichtkommunistischen Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung kam. Doch schon Ende 1945 rügte das Magistratsmitglied Erich Siebert, die Polizei mache sich von der Stadtregierung zu selbstständig[11]. Er wollte damit wohl zum Ausdruck bringen, die Polizeiführung stehe dem sowjetischen Stadtkommandanten zu nahe, und befolge zu wenig die Anweisungen des Magistrats.

Obwohl die Polizei in der Ära Markgraf vom Nullpunkt wieder aufgebaut werden musste - unbelastetes Personal war anzuwerben, Uniformen waren zu beschaffen, die Bewaffnung bestand anfangs nur aus Holzknüppeln - ging Markgraf in seinen Aussagen gegenüber Rhode kaum auf diese Schwierigkeiten ein, im Gegensatz zu seinem (West-)Berliner Nachfolger Johannes Stumm, der in seinen Rechenschaftsberichten sehr ausführlich die Ausstattungsmängel der Polizei benennt. Markgrafs Interesse galt den Machtfragen, d.h. der Stellenbesetzung mit "zuverlässigem" Personal, und dem Verhältnis zur sowjetischen Besatzungsmacht, zur KPD bzw. SED und zu den Westmächten (die erst am 1. Juli 1945 in Berlin einzogen und Markgraf auf dem Posten des Polizeipräsidenten vorfanden). 

Tatsächlich stand Markgraf in enger Verbindung zu dem sowjetischen Stadtkommandanten General Alexander Kotikow, den er nach jeder Sitzung des Alliierten Komitees für Sicherheit und Ordnung konsultierte, und mit dem er auch einen Teil seiner Freizeit verbrachte. Aufschlussreich für seine Personalpolitik und seine Nähe zu Kotikow ist Markgrafs Reaktion auf das Angebot des britischen Komiteedelegierten Oberst Steward, 5000 bis 6000 ausgebildete Schutzpolizisten mit geprüfter freiheitlich-demokratischer Einstellung könnten sofort in die Berliner Polizei eingegliedert werden. Markgraf lehnte unverzüglich ab und verständigte schnellstmöglich den "Genossen General" Kotikow. Im Abstand von 40 Jahren - 1947 bildete sich erst langsam die totalitäre Herrschaft heraus, 1988 gab es sie noch - redete er viel offener als vor Gründung der DDR über sine Schutzmacht, so wie es totalitären Persönlichkeiten eigen ist:

 

"Die ständige Hilfe und Unterstützung durch die sowjetische Besatzungsmacht, vertreten durch die Zentralkommandantur unter der Führung des Genossen General Kotikow sowie die fast väterliche und zeitlich unbeschränkte Konsultationsmöglichkeit mit Genossen Walter Ulbricht stärkten mich in meinem Wollen und meinen Handlungen. Das zweiseitige Vertrauensverhältnis, das mich ständig stärkte, wurde zur Kraftquelle herannahender großer Aufgaben, die es zu lösen galt".[12]

 

Markgraf kritisierte die westalliierte Personalpolitik (kommunistische Stellenbesetzungen seien rückgängig gemacht worden; angeblich gab es Anweisungen an die Polizisten, Markgrafs Befehle zu ignorieren; es hätten keine Lehrgänge für Polizisten in den Westsektoren stattgefunden). Eine neue Polizeischule in Spandau (britischer Sektor) wertete er als Affront und reagierte mit einer entsprechenden Ausbildungsstätte im Sowjetsektor. Die Bestellung von vier Sektorenleitern ab 1946, die ihm auf alliierte Weisung assistieren sollten, sah er geradezu als Gefährdung seiner Machtstellung, zumal die westlichen Sektorenleiter keine kommunistischen Kader waren, sondern vielmehr seiner "Aufbaupolitik" im Wege standen. Sozialdemokratische Kollegen waren für ihn "Handlanger der Westmächte", namentlich sein Stellvertreter Johannes Stumm und der Schutzpolizeikommandeur Hans Kanig. Nichts unterstreicht das Freund-Feind-Denken, das ebenso einem NS-Pamphlet entstammen könnte, besser als seine Beschimpfung noch nach 40 Jahren: "Die Ratten, die jahrelang das Präsidium unterhöhlt hatten, haben das Gebäude nicht instabil gemacht".[13]

Die nötige Neubesetzung der Stellen im Polizeiapparat nach dem Zusammenbruch bot Markgraf die Gelegenheit, Kommunisten auf die maßgeblichen Positionen zu bringen - und er nutzte sie. Dadurch zog er sich das Missfallen der amerikanischen Besatzungsmacht zu, die eine möglichst unpolitische Polizei bevorzugte. Im Zuge dieser Kaderpolitik gehörten bereits Ende 1946 zwei Abteilungsleiter im Präsidium, 15 von 21 Dezernenten der Kripo und über zwei Drittel der Reviervorsteher der SED an.[14] Die sozialdemokratische Zeitung Telegraf wusste Anfang 1948 in Erwiderung einer Behauptung Markgrafs gar von einer absoluten SED-Mehrheit unter den Dienststellenleitern und einer fast hundertprozentigen SED-Hausmacht bei den Personaldezernenten.[15]

Auch wenn "Paulus", wie ihn die Mitarbeiter hinter seinem Rücken sinnigerweise nannten, die Uniform gegen einen dunklen Sportmantel und Schlapphut getauscht hatte, wenn er 8.15 Uhr mit einem kräftigen "Guten Morgen" an den Sekretärinnen vorbei sein Arbeitszimmer betrat, entsprachen Auftreten und Umgang eher dem eines Offiziers als eines Behördenleiters. Einer seiner Mitarbeiter, der spätere Generalmajor Gondessen, erinnerte sich, dass Markgraf das Präsidium z.T. nach "alten militärischen Prinzipien" leitete, anderen oft wenig Handlungsspielraum ließ und eine strenge persönliche Dienstaufsicht über die ihm unterstellten Mitarbeiter ausübte. Zu den eher militärischen als zivilen Gepflogenheiten Markgrafs passte auch, dass er persönliche statt schriftliche Berichterstattung über erfüllte Aufgaben erwartete, dass er selbst in den Dienstbereichen Kontrollen vornahm und nichts durchgehen ließ. Bei Nichterfüllung und Schwierigkeiten reagierte er äußerst heftig und oft auch verletzend, wobei er auf die Gegenwart von untergebenen Mitarbeitern des Kritisierten keine Rücksicht nahm[16].   

 

3.2. Die "Verschwundenen"

 

Noch schwerwiegender als die von Markgraf durchgesetzte Personalpolitik war seine offensichtliche Mitverantwortung für das "Verschwinden" von Personen. Ein besonders gravierender Fall war die Verschleppung des Schutzpolizeikommandeurs Karl Heinrich am 2. August 1945. Dieser langjährige Sozialdemokrat und ehemalige Reichsbanner-Aktivist war unter Hitler wegen angeblichen Hochverrats zu einer Zuchthausstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Seine - unbeantworteten - Gnadengesuchen an Hitler nahmen die sowjetischen Dienststellen zum Anlass, ihn zu internieren. Heinrich verstarb im November 1945 im Internierungslager Hohenschönhausen.[17]

Was waren die Gründe für Karl Heinrichs Schicksal? Einer kommunistischen Quelle[18] zufolge wollten die Westalliierten Heinrich als neuen Polizeipräsidenten einsetzen, so das Markgraf um sein Amt zu fürchten hatte. Auch andere Kommunisten lehnten Heinrich ab, denn dieser stand ihnen als Vertreter der Staatsmacht in den Straßenschlachten vor 1933 gegenüber. Speziell der Polizistenmörder Erich Mielke, der 1945 in den Berliner Polizeidienst eintrat, hatte ihn zu fürchten[19]. Heinrichs Verhaftung war allerdings kein Einzelfall, sondern eher ein Beispiel politisch-polizeilicher Kriminalität, den den seit den Wahlen 1946 stärker soizialdemokratisch bestimmten Magistrat und die Öffentlichkeit beunruhigte. Bis zum 13. November 1947 waren 5413 Berliner grösstenteils aus politischen Gründen von sowjetischen Soldaten oder der einheimischen Polizei festgenommen bzw. verschleppt worden. An jenen Tag sprach die Stadtverordnetenversammlung mit Ausnahme der SED-Abgeordneten Paul Markgraf das Misstrauen aus; Anlass war die Verschleppung des Journalisten Dieter Friede.[20] 

 

3.3. Der Streit um den Polizeipräsidenten als ein Auftakt zum kalten Krieg

 

Schon am 13. Dezember 1946 schrieb der Polizeireporter Will Tremper einen Kommentar im Tagesspiegel, der angesichts der hohen Schwerkriminalitätsrate Markgrafs Eignung in Frage stellte: "Es sieht so aus, als ob Berlins Polizeipräsident vor der Unterwelt kapituliert, derselbe Polizeipräsident, der in den ersten Kriegsjahren vom "Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht für Tapferkeit vor dem Feinde" mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet wurde. Es scheint eben doch ein Unterschied zu sein, ob man mit zwei Panzern einen russischen Frontabschnitt aufrollte oder mit zwölftausend Schutzpolizisten und fünfzehnhundert Kriminalbeamten Berlins Verbrecher in Schach zu halten hat". [21]

Das Hervorstechende an diesem Kommentar war der Hinweis auf das Ritterkreuz in einer Zeit, in der sich die Alliierten den Kampf gegen den "Militarismus" auf die Fahnen geschrieben hatten und das Ritterkreuz mit einer NS-nahen Einstellung in Verbindung gebracht wurde. Hätte sich Markgraf nicht den sowjetischen Interessen während der Kriegsgefangenschaft verpflichtet, hätte er keine Chance auf ein Amt im öffentlichen Dienst gehabt, sondern wäre automatisch interniert worden.

Damit beginnend, nahmen sich andere Zeitungen des Themas an, so dass ein publizistischer Konflikt entstand, auf den bald ein eskalierender politischer Streit folgen sollte: Der sozialdemokratische, westlich lizenzierte Telegraf druckte ebenfalls einen Artikel, wonach der Ritterkreuzträger Markgraf völlig ungeeignet sei für den Posten des Polizeipräsidenten, während die sowjetisch lizenzierte Berliner Zeitung Markgraf als Opfer sozialdemokratischer Postenjäger ansah (wobei sie von einem Artikel in dem unter sowjetischer Lizenz stehenden CDU-Blatt Neue Zeit ausging, der einen Kampf zwischen SED und SPD um das Amt des Polizeipräsidenten beschrieb). Das amerikanisch lizenzierte Blatt Der Abend stellte darüber hinaus fest, dass sich ehemalige SS-Angehörige in der Polizei des Ostsektors einnisten. So warf der kalte Krieg seine Schatten in den Auseinandersetzungen zwischen den westlich und den östlich lizenzierten Zeitungen voraus. Markgraf selbst ließ sich von britisch, amerikanisch oder französisch lizenzierten Blättern nicht interviewen - auch das kennzeichnete seinen politischen Standort. 

So offensichtlich Markgrafs Vergehen waren, so schwierig war es, ihn abzusetzen. Zwar konnte der Oberbürgermeister den Polizeipräsidenten entlassen, aber nur auf einstimmig erteilte Anweisung der Alliierten Kommandantur, deren Befehle er auszuführen hatte. Anfang 1948 bot sich die Gelegenheit, ihn zu stürzen. Zum einen verweigerte sich Markgraf dreimal der Anweisung des Bürgermeisters Ferdinand Friedensburg (CDU), auf einer Pressekonferenz zu seiner Herkunft und zum Schicksal der Verschwundenen Stellung zu beziehen. Offen erklärte er gegenüber dem Magistrat am 3. März 1948, den Anweisungen des Magistrats nicht mehr zu folgen. Daraufhin konnte ihn der Magistrat, vertreten durch Friedensburg, nicht mehr halten, denn Markgraf hatte einseitig die verfassungsrechtlich geregelte Zusammenarbeit aufgekündigt. Daher entschloss sich der Magistrat noch am gleichen Tag, Markgrafs Entlassung bei der Alliierten Kommandantur mit Wirkung vom 9. März zu beantragen. Dazu war ein einstimmiges Votum der Kommandantur nötig, das am sowjetischen Veto scheiterte. Sehr schwere Störungen der Stadtverordnetenversammlung durch SED-Anhänger am 23. Juni 1948, die Markgraf nicht unterband, sondern rechtfertigte, ließen das Fass zum Überlaufen bringen.

Als sich zahlreiche Polizisten anschließend dem Kommando Markgrafs verweigerten, nahm dieser 590 fristlose Entlassungen, von denen auch hohe Polizeiführer betroffen waren, vor, ohne die dafür erforderliche Genehmigung des Magistrats und der Alliierten Kommandantur einzuholen. Friedensburg beantragte daraufhin die Suspendierung Markgrafs und die Amtsübergabe an dessen Stellvertreter Johannes Stumm (SPD), auch mit Begründung, viele Polizisten wollten nicht mehr unter Markgraf arbeiten. Die westlichen Alliierten genehmigten die Suspendierung sofort, während die sowjetische Seite, den Unterschied zwischen "Entlassung" und "Suspendierung" ignorierend, an Markgraf festhielt.   

Zur "Suspendierung" als interne Angelegenheit war keine Einstimmigkeit der Kommandantur oder ihres Public-Safety-Committees erforderlich. General Kotikow befahl noch am gleichen Tag, Stumm "wegen spalterischer Handlungen unverzüglich und fristlos aus der Polizei zu entlassen". Diese Anweisung war aber nichtig, da die amerikanischen, britischen und französischen Vertreter in der Kommandantur ihre Zustimmung zwei Tage später verweigerten. Vielmehr erkannten sie Stumm anstelle von Markgraf als Polizeipräsidenten an. Mit anderen Worten: Johannes Stumm amtierte seit Ende Juni als Polizeipräsident im neu errichteten Präsidium in der Friesenstraße (heute: Platz der Luftbrücke), im Bezirk Tempelhof, während sich Markgraf mit einem Teil seiner Mitarbeiter weigerte, sein Amt in der Elsässer Straße, Bezirk Mitte, zu räumen.  

Damit war die Polizei als erste Berliner Behörde gespalten. Stumm und Markgraf erklärten sich gegenseitig für "nicht rechtmäßig" auf dem Posten des Polizeichefs.[22] Über 70 Prozent der Angestellten in den zentralen Dienststellen - von denen nicht wenige, wie Stumm, im Ostsektor wohnten - entschieden sich für das neue Präsidium im amerikanischen Sektor. In den folgenden Monaten widmete sich Markgraf zahlreichen Neubesetzungen mit Kommunisten; so wurde ein SED-Kreissekretär namens Artur Lehmann, der zuvor nie im Polizeidienst stand, sein Vize. Die Markgraf-Polizei stellte sich als "Volkspolizei" vollkommen in den Dienst der SED. Die Erstürmung der Stadtverordnetenversammlung am 26. August und 6. September 1948 durch kommunistische Demonstranten ließ sie geschehen bzw. unterstützte sie durch die Arrestierung von Parlamentsordnern.[23] 

 

3.4. Militärische Karriere in der DDR

 

1949 verlor Markgraf sein Amt als Polizeipräsident im Ostsektor. Die Ursachen sind nicht ganz klar. Mangelnder Rückhalt des Konvertiten in der SED oder auch eine starke Ablehnung in der Bevölkerung können die Ursache gewesen sein. Nachdem er die Angriffe aus der westlich lizenzierten Presse überstanden hatte, dürfte ihn ein anonymer Brief aus dem USA vom Februar 1949 erschüttert haben: Er enthielt einen Ausschnitt aus einer amerikanische Zeitung mit der Information, dass "Ritterkreuzträger Markgraf" ein Instrument der UdSSR sei. Im September 1949 beschloss die SED, ihn mit 150 weiteren Polizeioffizieren in den folgenden Monaten "v.a. waffentechnisch" auf künftige Aufgaben vorzubereiten, die er ab Februar 1950 zunächst im Ministerium für Staatssicherheit wahrnahm[24]. In den 1950er Jahren befehligte er eine Volkspolizei-Bereitschaft (später: Kasernierte Volkspolizei, dann: Nationale Volksarmee), danach wechselte er in das Ministerium für Verkehrswesen der DDR, Hauptabteilung Kraftverkehr/Transportwesen, um die Mitarbeiter militärisch anzuleiten. Als Kommandeur der Grenzpolizei war er um 1960 an der Innerdeutschen Grenze eingesetzt. Sehr wenig ist aus der Zeit nach 1950 über ihn bekannt, denn militärische Geheimhaltung spielt in totalitären Systemen eine weit größere Rolle als in freiheitlichen Demokratien. Jedenfalls gehörte er zu den ehemaligen Wehrmachtsoffizieren wie Arno von Lensky und Vinzenz Müller, die nun in der DDR militärische Aufbauarbeit leisteten. In den frühen 1970er Jahren dürfte er in Pension gegangen sein. 

 

Markgraf erhielt zahlreiche Orden und Ehrenzeichen, u.a. 1955 den Vaterländischen Verdienstorden in Silber und 1960 den Orden "Banner der Arbeit". Glückwunschschreiben von Erich Mielke und Erich Honecker unterstrichen, wessen treuer, fanatischer Verbündeter Paul Markgraf seit 1943 war. Bis zur Revolution 1989/90 war er auch in der örtlichen Parteiorganisation aktiv. Markgraf verstarb am 7. April 1993 in Berlin. 

 

4. Schlussbemerkung

 

Aufschlussreich ist Markgrafs eigenes Fazit: "... stets hatte ich parteiliche Aufträge mit militärischem Charakter zur inneren Stärkung und zum zuverlässigen Schutz unserer Republik zu erfüllen".[25] In der Tat erfüllte er als "williger Vollstrecker" der SMAD und der SED zahlreiche Voraussetzungen einer totalitären Persönlichkeit:  engster Kontakt zu und eine tiefe Verbundenheit mit der totalitären Partei: der SED; Befehlsverweigerung gegenüber der freiheitlich-demokratisch legitimierten Dienstaufsicht, als es zum Interessenkonflikt 1947/48 kam; ein durch und durch militärisches Auftreten einschließlich der persönlichen Überwachung von Untergebenen: gute Karrierechancen auch im Nationalsozialismus.  

Ein Ritterkreuzträger im Offiziersrang war 1945 eine Ausnahme in der neu aufgebauten Polizei. Sollten nicht Militarismus und Nationalsozialismus vollständig beseitigt werden? Schon 1946/48 wurden ehemalige Berufssoldaten zum Aufbau der Volkspolizei herangezogen, die sich freilich zur "antifaschistisch-demokratischen Umwälzung" bekennen mussten, wozu die Aufnahme in die SED schon genügte. Zum Aufbau bewaffneter Kräfte, die durchaus gegen das Volk gerichtet waren, schienen "Fachleute" notwendig, und eine totalitäre Persönlichkeit war kein Makel mehr. 

 

[1] Berliner Zeitung, 13.3.1948, Polizeihistorische Sammlung im Polizeipräsidium, Aktensammlung Markgraf

[2] N.N.: Menschlich gesehen. Ritterkreuz und Antifa. Wiedergegeben in Peter Rhode: Lebensbild des Genossen Oberst der VP a.D. Paul Markgraf (unveröffentlichte Diplomarbeit an der Sektion Marxismus-Leninismus der Hochschule der Deutschen Volkspolizei "Karl Liebknecht", Berlin 1988, Anlage G. Der anonyme Text stammt  offenbar aus dem Jahr 1949, als Markgraf auf eine geheime Schulungsreise in die Sowjetunion ging. Der Spiegel 5/1947 zitiert aus dem Völkischen Beobachter vom 10.1.1943, wonach Markgard Oberleutnant gewesen sei und wofür er das Ritterkreuz erhalten habe.

[3] Vgl. Dieter Hanauske (Hrsg.): Die Sitzungsprotokolle des Magistrats der Stadt Berlin 1945/46 (Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin, Bd. 2. Berlin 1995.

[4] Vgl. Rudolf Absolon (Hrsg.): Wehrmacht im Dritten Reich, Bd. V: 1. September 1939 bis 18. Dezember 1941,  S.  253.

[5] Vgl. ebd., S. 267.

[6] Markgraf, in: Rhode, a.a.O., Anlage F, S. 4.

[7] N.N.: Rezept Korea. Deshalb ist es an der Zeit. In: Der Spiegel, 27.10.1950, S. 5.

[8] Waldemar Bergmann/Günter Mahlitz: Der Aufbau der demokratischen Polizei in Berlin. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, XIII. Jg. (1965), Heft 3, S. 446-463, hier S. 451ff.  

[9] Vgl. Wolfgang Leonhard: Die Revolution entlässt ihre Kinder. Berlin, 1961, S. 281; vgl. Gerhard Keiderling (Hrsg.): "Gruppe Ulbricht" in Berlin April bis Juni 1945, Berlin 1993, S. 317.  

[10] Vgl. vierte Magistratssitzung vom 31.5.1945. In: Hanauske, a.a.O., S. 105f;

vgl. Stellungnahme des Polizeipräsidenten über die Polizeiverwaltung in Berlin. In: Berlin. Quellen und Dokumente 1945-1951, hrsg. im Auftrag des Senats von Berlin. Berlin 1959, 1. Halbband,

S. 251.   

[11] Vgl. Hanauske, a.a.O., Dok. 161.  Waldemar Bergmann/Günter Mahlitz: Der Aufbau der

demokratischen Polizei in Berlin 1945. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, XIII. Jahrgang (1965), Heft 3, S. 446-463, hier S. 451ff. 

[12] Markgraf, in: Rhode, a.a.O., Anlage C, S. 3ff.

[13] Markgraf, in: Rhode, a.a.O., Anlage C, S. 7.

[14]  So der Stadtverordnete Franz Neumann (SPD) am 2.1.1947; vgl. Georg Holmsten: Berlin-Chronik. Daten, Personen, Dokumente. Düsseldorf 1984, S. 121; ferner: Klaus Henfeld: Die politische Entwicklung in Berlin von 1945 bis zur Spaltung 1948. In: Büro für Gesamtberliner Fragen (Hrsg.): Berlin Sowjetsektor. Berlin 1965, S. 26. 

[15] Vgl. Telegraf, 21.2.1948, wiedergegeben in der Ausstellung der Polizeihistorischen Sammlung, Polizeipräsidium Berlin.

[16]    Vgl. die Aussagen von Michelazzi und Gondessen, in: Rhode, a.a.O., Anlage D, S. 2ff. und Anlage E, S. 1ff.; vgl. N.N.: Markgraf bleibe hart. Seinen Herren zu gehorchen. In: Der Spiegel, 20.3.1948, S. 5. 

[17] Vgl. ausführlich über Karl Heinrich: Siegfried Heimann: Karl Heinrich und die Berliner SPD, die sowjetische Militäradministration und die SED. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung, 2007; vgl. Erich W. Gniffke: Jahre mit Ulbricht, Köln 1966, S. 189f. 

[18] Vgl. Bergmann/Mahlitz, a.a.O., S. 451f.

[19] Vgl. Berlin Quellen und Dokumente, zweiter Halbband, Berlin 1964, S. 262 (Anmerkung)

[20] Vgl. Stenografisches Protokoll der Stadtverordnetenversammlung vom 13.11.1947, wiedergegeben in: Berlin. Quellen und Dokumente, 2. Halbband, S. 1561. Dem Misstrauensantrag mochte sich Bürgermeister Friedensburg nicht anschließen, denn er sah einerseits die Schuldigen v.a. in der Sowjetischen Militäradministration, andererseits war er auf die Zusammenarbeit mit Markgraf angewiesen. 

[21] Wiedergegeben in: Will Tremper: Meine wilden Jahre. Berlin 1994, S. 189. Teilweise zitiert und damit überregional bekannt gemacht durch den Spiegel, 5/1947, S.2.

[22] Vgl. Berlin-Dokumente, 2. Halbbd., a.a.O., Nr. 891-904.

[23] Vgl. Tremper, a.a.O., S. 311ff. Berliner Schicksal 1945-1952. Amtliche Berichte und Dokumente. Zusammengestellt im Auftrag des Senats von Berlin vom Büro für Gesamtberliner Fragen, 1952, S. 70.

[24] Markgraf, in: Rhode, Anlage F, S.4; N.N.: Schulung. In: Der Spiegel, 9.2.1950, S.5.

[25] Markgraf, in: Rhode, Anlage F, S.4.

   

Stefan Winckler

"Zeitalter der Extreme"

 

Ideologien haben ausgedient. Der Faschismus als Epochenphänomen (Ernst Nolte) endete in Blut und Tränen 1945. Der Marxismus-Leninismus, der selbst nie und nirgendwo mehrheitsfähig war, erlebte einen jahrzehntelangen Sinkflug - bis der Aufprall 1989/92 selbst die blindesten unter seinen (nicht selten gut bezahlten) Fürsprechern aus allen Träumen riss. War damit der Liberalismus Sieger der Geschichte? Die seinerzeitige Freude war schnell verschwunden angesichts der Medienbeiträge über Wirtschaftsdepression und Ausländerfeindlichkeit. Der verbissene Eifer der politischen Klasse, so schnell es nur geht ein möglichst großes Europa als einen einzigen Staat zu schaffen, der in Gutmenschenmanier vorzugsweise die "diskriminierten" Minderheiten hätschelt, wirkt auf die Bürger angesichts eines Wirrwarrs aus Brüsseler Weisungen (die selten etwas mit Weisheit zu haben) und der ohnehin schon grotesk erscheinenden Überdehnung (von Irland bis Bulgarien) wenig gewinnend. Die im Grunde richtige Idee, mehr Freiheit zu wagen, pervertierte in einer "Deregulierungs"-Politik, die eine kaum noch für möglich gehaltene Weltfinanzkrise entfesselte. Es sind aber nicht nur die materiellen Schäden seit 2008, sondern auch die Verflüchtigung der Werte im öffentlichen Bewusstsein seit längerer Zeit, die Sorgen bereiten: Die Anziehungskraft des Christentums schwindet. Die Verhöhnung Christi und des Glaubens wird wenig beanstandet, demgegenüber wächst auch in Abendland der Islamismus, begünstigt durch das Einknicken der Öffentlichkeit. Orientierungslosigkeit hat um sich gegriffen, seitdem die Ideologien des Sozialismus, Liberalismus und Konservatismus kaum noch Wirkungskraft entfalten. Aber geht es wirklich ohne geistige Heimat, nur mit Prinzipienlosigkeit, die als Pragmatismus getarnt ist? Ist nicht gerade heute eine wertkonservative Einstellung sinnvoll? Wenn ja, was kann ein freiheitlich-konservativer Historiker zu den großen geistigen Strömungen der neuesten Zeit aussagen? Aufschluss darüber gibt ein Sammelband, den der Philosoph Harald Seubert herausgegeben hat. Er enthält Aufsätze des Historikers und Politikwissenschaftlers Klaus Hornung, Jg. 1927, der sich in seiner Eigenschaft als Professor in Reutlingen und Stuttgart-Hohenheim ebenso wie als engagierter Staatsbürger seit 60 Jahren dieser Fragen annimmt. Seine Lebensleistung ist umso höher zu veranschlagen, da ihn (wie viele andere Geistes- und Sozialwissenschaftler auch) Linksradikale angefeindet haben. Gleichzeitig erlebte er mehr als genügend Bürger, die unter "Konservatismus" unausgesprochen eher das Bewahren ihres Besitzes als das Bewahren von Werten und Tugenden meinten, ja sogar eben diese in egoistischer Manier über Bord warfen. Konservatismus in der heutigen Zeit kann, so Hornung, nur als eine den freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat verteidigende Kraft gedeihen. Dieser Konservatismus wendet sich gegen beide Extreme Kommunismus und Nationalsozialismus, mit anderen Worten: gegen totalitäre Herrschaft, gegen Links- und Rechtsextremismus sowieso. In diesem Sinne setzt sich Hornung zustimmend mit dem Historiker Francois Furet, auch er Jg. 1927 auseinander, der eingehend auf die Zusammenhänge und Wechselwirkungen des (Mussolini-)Faschismus und des sowjetischen Kommunismus hingewiesen hatte. Geistige Nähe war es auch, die Hornung zu einem einfühlsamen Porträt des amerikanischen Außenpolitikers George F. Kennan bewog: Kennan verfügte dank seines Studiums in Deutschland und weiterer Aufenthalte (Moskau 1937, Prag 1939, Berlin 1941) über außerordentlich gute Kenntnisse der europäischen Geschichte und der totalitären Gegebenheiten seiner Zeit. Er favorisierte eine realistische Außenpolitik: eine Eindämmung des Stalinismus, im Gegensatz zu der allzu sowjetfreundlich-antifaschistischen Einstellung der amerikanischen Liberalen. Zugleich widersprach Kennan dem anderen Extrem: der allzu wirklichkeitsfremden, "idealistischen" roll-back-Strategie. 

Wer über totalitäre Herrschaft nachdenkt, muss nicht nur deren Ausprägungen, sondern auch deren geistige Wurzeln kennen. Hornung sieht sie, auf den israelischen Historiker Jacob Talmon verweisend, bereits im späten 18. Jahrhundert. Seinerzeit hatte Jean-Jacques Rousseau behauptet, es gäbe einen objektiven, allgemeinen Willen des Volkes, dem sich der Wille des einzelnen Menschen im Zweifelsfall unterzuordnen habe. Um dem Volk den bereits latent vorhandenen Gemeinwillen beizubringen, bedürfe es einer revolutionären Elite. Diese Erziehungsaufgabe und erst recht die Geringschätzung des Individuums mag aus den Ideen der Aufklärung ebenso geboren sein wie das Konzept der liberalen Demokratie, und doch stellt Rousseaus Ansatz ein Wetterleuchten jener leninistischen und faschistischen Systeme dar, die den Himmel auf Erden versprachen und eine Hölle herbeiführten.

Anregend ist auch Hornungs Skizze über einen Klassiker des freiheitlich-konservativen Denkens: Alexis de Tocqueville (1805-1859). Er ist bekannt als Schriftsteller, der gerade auch in der Demokratie die Gefahr der Despotie (der Mehrheit über die Minderheit) erkannte. Das Reich der Freiheit könne nicht ohne die guten Sitten errichtet und gefestigt werden, und diese wiederum nicht ohne Religion und Glauben, so Tocqueville.

In einem biographischen Aufsatz verteidigt Hornung seinen wichtigsten akademischen Lehrer Prof. Hans Rothfels (Universität Tübingen) gegen den Vorwurf, er habe in seiner Zeit als Ordinarius in Königsberg völkische Thesen verbreitet und damit den aufkommenden Nationalsozialismus unterstützt. Vielmehr entfernten die neuen Machthaber Rothfels, den gebürtigen Juden, 1934 von seinem Lehrstuhl in Königsberg, und er konnte 1939 gerade noch rechtzeitig nach England fliehen. Hornung hebt an Rothfels ausdrücklich die Nonkonformität hervor, mit der er z.. 1945 als Professor in Chicago die Vertreibung der Deutschen verurteilte. Auch sein wichtigstes Werk über den deutschen Widerstand sei 1948 in Amerika keineswegs willkommen gewesen - galt doch dort die These, Hitler (für Hornung der "Mann aus dem Abgrund", vgl. S. 17) sei lediglich das letzte Glied in der Kette der preußischen Militarismus. 

 

Klaus Hornung: Vernunft im Zeitalter der Extreme. Mit einer Einleitung herausgegeben von Harald Seubert. Nürnberg, vtr, 2012. 230 S., ISBN 978-3-941759-85-2; € 19,95. 

   

Stefan Winckler 

Die Totalitarismustheorie – neu besehen

 

Die Totalitarismustheorie erlebte in den 1950er Jahren ihre Blütezeit, bevor die Neomarxisten und deren linksliberalen Gefolgsleute sie an den Rand der Forschung drängten. Ertappte Sünder aus den Reihen der radikalen Linken ereiferten sich in den darauf folgenden Jahrzehnten über "primitive Antikommunisten". Umso mehr Achtung verdienen diejenigen, die immer an der Totalitarismustheorie festgehalten haben. Zu ihnen zählt auch der Politikwissenschaftler Klaus Hornung. 

 

Die Totalitarismustheorie beschreibt die Wesensähnlichkeit von Nationalsozialismus und Kommunismus, ablesbar an der "totalen" Durchdringung nicht nur des Staates, sondern auch der Wirtschaft und der Gesellschaft durch eine einzige politisch-säkulare Erlösungsreligion und der sie tragenden Partei. im Gegensatz zum autoritären Staat (wie ihn beispielsweise Dollfuß/Schuschnigg und Salazar entwickelten) sind die "Massen" das entscheidende politische Subjekt. Sie werden durch die Propaganda der monopolisierten "führenden" Partei gelenkt, deren Zustimmung und Zerstreuung sie ständig anstrebt, während Widerstand durch eine terroristische Geheimpolizei im Keim erstickt wird. Doch wo liegen die Ursprünge - alleine in der "Oktoberrevolution" und der "Machtergreifung"? Mehr noch als in der höchst lesenswerten Monograpfie "Rot Braun: der Pakt gegen die Demokratie" von Thierry Wolson (Hamburg 2000), die vor allem die Jahre 1917 bis 1945 nachzeichnet, verweist Hornung u.a. auf Jean-Jacques Rousseau, dem der Frühliberale Benjamin Constant de Rebecque einst schrieb: Er, Rousseau, habe nicht verstanden, dass die Herrschaftsgewalt, auch die Volkes (!) dort aufzuhören habe, wo die Existenz des Einzelnen beginne. Stattdessen zielte Rousseau darauf, "dem Volk als Masse das Volk im Einzelnen zu opfern". Hornung bezieht sich in der vorliegenden Aufsatzsammlung zunächst auf den Denker Alexis de Tocqueville. Dieser befürchtete schon vor 170 Jahren, die Menschen könnten die Gleichheit und den vormundschaftlich, ja bürokratisch gestalteten Anspruch auf Versorgung dem Ideal der individuellen Freiheit vorziehen und sich gleichzeitig oberflächlicher Zerstreuung statt geistiger Anstrengung widmen. Auch der israelische Historiker Jacob Talmon, den Hornung ausführlich würdigt, beschrieb vor 60 Jahren - zu Beginn des Kalten Krieges - den Gegensatz von "messianischer Demokratie" und freiheitlicher Demokratie. Messianische Demokratie, die sich im Besitz der alleinigen Wahrheit dünkt, die angeblich "natürliche Ordnung" wieder errichtet und als Gralshüter eines diesseitigen "Heils" auftritt, übte, so Talmon, durch die Jakobiner erstmals politische Herrschaft aus. Ihre Vertreter schrieben sich Sittlichkeit und Vernunft zu, während die Gegner ("Volksfeinde") als egoistische, skrupellose Vertreter niederer Interessen gebrandmarkt werden und in Phasen krisenhafter Zustimmung organisierten Massenmorden zum Opfer fallen (Auschwitz, die Killing Fields des Pol Pot, der Frankreich und speziell die Aufklärung verehrte).

 

Auch heute sind wir totalitären Gefahren nicht gefeit. Sie kommen freilich im neuen Gewand einher, nicht in der braunen Uniform und nicht unter dem roten Stern. Stattdessen ist vor einer zunehmenden Gleichförmigkeit der Meinungen im Parlament und in den Massenmedien zu warnen. In immer kürzeren Abständen haben wir den Eindruck, als ob kampagnenartig "Wahrheiten" verkündet werden, die einer genauen Überprüfung bestenfalls nur teilweise standhalten.  Höchst bedenklich ist die Macht der Parteien in Exekutive und Judikative. Wir erleben die Ausgrenzung von Konservativen, die mit Rechtsextremisten gleichgesetzt werden, und einen Aufschwung des "Antifaschismus" in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen. In der hochtechnisierten Moderne wird kein autoritärer Despot die Menschen unterdrücken, aber Minderheitenmeinungen können, so Tocquevilles Ahnung und Noelle-Neumanns Bestätigung, aus Angst vor Isolation viel seltener ausgesprochen werden. 

Daher sind im Sinne des antitotalitären Konsenses und der wehrhaften repräsentativen - und damit freiheitlichen - Demokratie Wachsamkeit und Mut als Tugenden erforderlich, und ebenso hochkompetente, engagierte Persönlichkeiten in Politik und Publizistik, die Fehlentwicklungen beim Namen nennen. 

  

Klaus Hornung: Die offene Flanke der Freiheit. Studien zum Totalitarismus im 20. Jahrhundert (Europäische Forum, Bd. 13). Frankfurt: Peter Lang, 2001. 174 S., ISBN 3-631-37968-4; € 29,70.    

   

Stefan Winckler

General in der Monarchie, Minister in der Republik: Wilhelm Groener

  

„Es kommt zur Diktatur, es gib einen Aufschwung, dann Krieg, den wir nicht gewinnen können. Das Reich wird zerstört.“

 

Prophetische Worte Wilhelm Groeners vom 13.2.1933[1]

 

Geboren am 22. November 1867 in Ludwigsburg als Sohn eines Regimentszahlmeisters, konnte er, der Bürgerliche, sich alleine durch hervorragende Leistungen für eine Offizierslaufbahn empfehlen, auch wenn Süddeutschland eine größere demokratische Tradition hatte als Preußen. Sein Weg führte ihn über das 3. Infanterieregiment Nr. 121 in Schwäbisch Gmünd (1886-1893) nach Berlin zur Kriegsakademie und anschließend, 1897, als Hauptmann in den Großen Generalstab. Abgesehen von einer kurzen Zeit als Kompaniechef in Metz (1902-04), als Bataillonskommandeur in Stuttgart (1908-10) und als Divisionsbefehlshaber an der Westfront 1917 sollte Groener immer Generalstabsoffizier bleiben. Für ihn, den strategischen Denker, der immer das große Ganze im Auge hatte, war dies der richtige Ort.  Schon 1900 war er mit der Bereitstellung der Truppen und des Materials für die China-Expedition des Grafen Waldersee betraut. Die Chancen neuer technischer Entwicklungen erkannte Groener 1910, als auf seine Anregung die ersten Kraftwagen im Heer Verwendung fanden. 1912 übernahm er im Range eines Oberstleutnants die Leitung der Eisenbahnabteilung im Großen Generalstab. Der rasche Truppenaufmarsch im August 1914 geht wesentlich auf seine Planungen zurück. Zugleich besaß er genügend Realitätssinn, um angesichts des stockenden Vormarsches am 28. Oktober 1914 festzustellen: „Man darf in der Heimat überhaupt nicht daran denken, dass der Krieg so bald zu Ende geht. Wir stehen doch einer erheblichen Überlegenheit unserer Feinde gegenüber. Das deutsche Volk muss in der Lage sein, ein wechselndes Kriegsglück mit Würde zu tragen. Unsere ersten Erfolge hatten das Volk zu einer Unterschätzung unserer Feinde gebracht; daher werden wir uns gewöhnen müssen, weniger Siege zu feiern".

 

Die Situation Belgiens beschrieb er in einem Brief an seine Frau am 20.10.1914 wie folgt: "Im ganzen werden wir natürlich gehasst. Ruhig bleibt die ganze belgische Bevölkerung nur so lange, als wir als Sieger auftreten können. Würde es uns mal schlecht gehen, so würde der Hass zum elementaren Durchbruch kommen. Man kann wohl verstehen, dass die Menschen uns hassen, deren Heimat zerstört ist. Aufklärung über die Ursachen des Krieges ist nutzlos, es wird doch nicht geglaubt, im Gegenteil, im Geheimen raunt sich das Volk die verborgendsten Nachrichten zu, die die belgische Regierung aus Frankreich in Belgien verbreiten lässt, die man nur schwer entdeckt"[2]. So ahnte Groener frühzeitig, dass ein deutscher Sieg schwer möglich ist. 

 

1915 erlebte Groener die Beförderung zum Generalmajor und die Verleihung des Ordens Pour le Mérite. Als Leiter des Kriegsamtes war Generalleutnant Groener 1916/17 mit der Umsetzung des „Hindenburg-Programms“ (Vaterländischer Hilfsdienst) befasst, das praktisch alle arbeitsfähigen Männer zu Diensten in der Armee und der kriegswichtigen Industrie heranzog. Was ihn von dem Initiator Erich Ludendorff unterschied, war Groeners erfolgreicher Versuch, Sozialdemokraten und Gewerkschaften in die Verantwortung mit einzubeziehen.  Tatsächlich verhandelte er mit Linken, die bis dahin als personae non gratae galten, um Streiks oder gar die Revolution zu verhindern.  Hier machte sich die vergleichsweise starke Offenheit bemerkbar, die das politische Klima Württembergs in Groeners Jugend auszeichnete, und die ihn zeitlebens prägte: Berufssoldaten in den Garnisonsstädten achteten die unterschiedliche Herkunft der Bürger achteten und entwickelten eher als anderswo Verständnis für andere Meinungen. Ihm gelang eine Mobilmachung der Frauen auf freiwilliger Basis, nachdem er eine Frauenarbeitszentrale im Kriegsamt sowie allen untergeordneten Behörden unter Marie Elisabeth Lüders eingerichtet hatte; ihr oblag die soziale Flankierung des Arbeitseinsatzes. Spätestens mit seiner Forderung nach strenger Besteuerung der Kriegsgewinnler verlor er das Vertrauen einflussreicher Kreise in Militär und Wirtschaft, zumal er auch das preußische Dreiklassenwahlrecht als überholt ansah. Seines Amtes enthoben, befehligte er kurzzeitig die 33. Infanteriedivision an einem relativ ruhigen Abschnitt der Westfront. Sensibilisiert für die Innenpolitik, notierte er 1917 in sein Tagebuch: Angesichts der „grössten demokratischen Welle“ überhaupt, könnten die Arbeitermassen „für eine starke Außenpolitik nur von der Regierung gewonnen und bei der Stange gehalten werden, die ihre längst gehegten Wünsche erfüllt“ – eine Absage an die Vaterlandspartei, einen realitätsfernen Siegfrieden und allgemein an reaktionäre Konzepte. Als „Hauptsache“ galt ihm die Erhaltung der Monarchie. Eben dies war 1917/18 angesichts der Machtstellung Ludendorffs faktisch nicht mehrgegeben: Als Generalstabchef bei Generalfeldmarschall Eichhorn in der Ukraine verlor Groener rasch die Illusion, die die politische und militärische Führung Deutschlands vom Osten als der „Kornkammer für das Reich“ noch hegte. Denn so schnell das Land besetzt war, so schwierig war es, dieses zu verwalten und wirtschaftlich zu nutzen. Nach seinen Erfahrungen vor Ort lehnte er einen diplomatischen Kontakt oder eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit Bolschewiken ab. Nachdem Ludendorff zurückgetreten war, übernahm Groener am 29.10 1918 seinen Posten als erster Generalquartiermeister in Spa. Das Abfallen der Bündnispartner, die Revolution und vor allem ein Frontdurchbruch der Engländer ließen auch Groener von einem Tag auf den anderen für einen Waffenstillstand eintreten (6.11.1918). Angesichts der Realitäten verneinte er die Frage, ob Truppen unter kaiserlicher Führung nach Berlin gelangen könnten, um die Revolution niederzuschlagen (8.11.1918). Dem monarchischen Gedanken verhaftet, rief er Wilhelm vielmehr zum „Heldentod“ an der Front; voller Wut lehnte er die Abdankung und insbesondere die Reise ins holländische Exil ab. In den folgenden Wochen sorgte Groener für den reibungslosen, schnellen Rückzug des Heeres in die Heimat. Gleichzeitig übernahm er die Aufgabe, sich mit den Mehrheits-Sozialdemokraten um Reichskanzler Friedrich Ebert gegen ein revolutionäres Chaos bzw. eine Rätediktatur zu verbünden („Ebert-Groener-Pakt“). Mit anderen Worten: er stellte Freikorps auf, die den Spartakusaufstand niederschlugen. Nachdem sich seine Hoffnung, Frankreich benötige Deutschland im Kampf der Weltanschauungen gegen die Bolschewiki, zerschlagen hatte, riet Groener der Reichsregierung schweren Herzens  zur Unterzeichnung des Versailler Vertrags, dieser „Selbst-Entmannung“. Im Osten, wo er den Grenzschutz organisierte, befürchtete er langfristig eine Katastrophe: „dass die Polen eines Tages Pommern und Ostpreußen nehmen und dass die Oder die Grenze wird“ – es sei denn, es gelinge eine Verständigung. Mitte 1919 nahm er, nachdem er den Aufbau der Reichswehr eingeleitet hatte, seinen Abschied und widmete sich als von Ebert berufener Verkehrsminister vor allem der Reichsbahn (1920-23). Zahlreiche Aufsätze und Vorträge über Militärgeschichte und Politik sind aus den folgenden Jahren überliefert. So favorisierte er einen stabilen, auf der Basis der Volkssouveränität aufgebauten, stärker zentralistisch verfassten Staat. Nach einem von ihm selbst eingeleiteten Ehrengerichtsverfahren über seine Rolle im Generalquartier übernahm Groener 1928 das Reichswehrministerium. Ausgestattet mit dem Vertrauen Hindenburgs arbeitete er mit den Reichskanzlern Müller (SPD) und Brüning (Zentrum) zusammen. Ziel war zuallererst die „Befreiung unseres Landes“, zu erreichen „nur mit viel Geduld“. In seinem Ressort sah er als langfristige, selbstredend geheime Aufgabe an, „die Wehrmacht für diese kommende Zeit als das scharfe Instrument modernster Kriegsführung auf die höchste Stufe zu entwickeln“. Unter anderem durch politische Bildung versuchte er, das Offizierskorps mit der Republik zu versöhnen. Erfolg war diesen langfristigen Zielen innerhalb seiner vierjährigen Amtszeit kaum beschieden, wegen der Feindschaft der radikalen Rechten einerseits, wegen der Beschränkung durch „Versailles“ und der zurückhaltenden Reichswehrpolitik der SPD andererseits, ständig verschärft noch durch die Wirtschaftsdepression. Hinzu kam der eher abwägend-dozierende Redestil Groeners, der nicht zu den turbulenten Redeschlachten im Reichstag passte, und der deshalb auch den Zeitungsleser kaum erreichte. Als er den Einstellungsstopp der Reichswehr für Nationalsozialisten aufhob, dachte er wohl, die Armee als "Schule der Nation" könne junge Mitläufer von Hitler weg führen. Diesen hielt er, wie er am 24.1.1932 an einem Freund schrieb, für einen "Visionär und Götzen der Dummheit" und einen "Popanz für die Massen", während der "Giftmischer" Hugenberg der eigentliche Drahtzieher der radikalen Nationalen sei.   

 

Als gleichzeitiger Reichsinnenminister 1931/32 bemühte er sich um die Schaffung einer überparteilichen Wehrsportorganisation, die die Massenorganisationen wie v.a. die SA mit ihren 400.000 Mann überflüssig machen und als Vorstufe einer Miliz dienen sollte. Als dies scheiterte, verbot er im April 1932 auf Drängen der Länderinnenminister SA und SS, sehr zum Unwillen seiner taktierenden rechtskonservativen Gegner. 

Der Sturz Brünings bedeutete auch das Ende seines politischen Wirkens. Entsetzt und zunehmend verbittert erlebte Groener 1934 die Ermordung seines einstigen engen Mitarbeiters General Kurt von Schleicher durch die Nationalsozialisten (er selbst konnte sich dank Brüning in Sicherheit bringen), noch mehr aber die stillschweigende Hinnahme des Mordes durch Hindenburg und das Offizierskorps. Eben dies stand seinen Vorstellungen von Anstand und Kameradschaft vollkommen entgegen.  Am 6. Mai 1939 starb Groener in Potsdam-Bornstedt. Er hinterließ seine zweite Ehefrau, eine Tochter aus erster und einen Sohn (Walter, später Diplomat) aus zweiter Ehe. Er liegt auf dem Friedhof von Stahnsdorf bei Potsdam begraben. 

 

Im Ganzen erscheint Groener als Offizier, der mit seiner Skepsis 1914-18 in Bezug auf den Kriegsverlauf der Wirklichkeit sehr nahe kam, ebenso 1932 mit seiner Haltung zu Hitler als Person. Dennoch kann festgestellt werden, dass Groener, in der konstitutionellen Monarchie aufgewachsen und mit ihr innerlich verbunden, das Phänomen des Totalitarismus in der modernen Massengesellschaft zu wenig kannte - auch zu wenig kennen konnte. Es ist nicht nachgewiesen, dass Groener in diesem Sinne die Nationalsozialisten mit den Bolschewiki (die er 1918 kennengelernt hatte) verglichen hätte. Die Zögerlichkeit Groeners bezüglich NS-Bewegung zu kritisieren (wie es Hürter in seiner Dissertation implizit tut) erscheint dagegen ein wenig überzogen, weil der Staat eben auch die Machtmittel haben muss, um wehrhaft zu sein. Und eben dies war 1932 angesichts Hitlers Privatarmee und ferner wegen des Rotfrontkämpferbundes der KPD nicht gegeben, trotz Preußen als republikanischem Bollwerk.  

 

Groeners Nachlass befindet sich neben weiteren aussagekräftigen Quellen im Bundesarchiv - Militärarchiv Freiburg.

    

Literatur:

 

Wilhelm Groener: Lebenserinnerungen. Göttingen 1957.

Johannes Hürter: Wilhelm Groener. Reichswehrminister am Ende der Weimarer Republik. München 1993. 

   

[1] Groener in einem privaten Brief an den befreundeten Generalmajor Gerald von Gleich.

[2] Der vollständige Brief ist abgedruckt in Groener, Lebenserinnerungen, S. 577.

   

Stefan Winckler

Wilhelm Groener als Verantwortungsträger in schwieriger Zeit

 

Die wissenschaftliche und vor allem die stärker populärwissenschaftlich-journalistische Literatur der nationalsozialistischen Herrschaft blendet allzu oft jene Persönlichkeiten aus, die, durchdrungen von einem konservativen und christlichen Wertekanon, Kompromisse mit der Hitler-Bewegung ablehnten und Maßnahmen zumindest gegen deren bewaffnete Kräfte in die Wege leiteten. So richtig es ist, die NS-Verbrechen zu erforschen, so naheliegend sollte es sein, beispielsweise des preußischen Kriminalbeamten Johannes Stumm (SPD) zu gedenken, der vor 1933 gegen die Nationalsozialisten ermittelt hatte und nach 1948 den Kommunisten als Polizeipräsident in Berlin (West) als Feindfigur galt.

Um so mehr bedarf eine Persönlichkeit, die sich im Gegensatz zu den Schriftstellern der Konservativen Revolution nicht als vom Staat abgekoppelte Intelligenz, sondern als Verantwortungsträger im Staat für Deutschland betätigte, einer ausführlichen Beschreibung und Erklärung. Die Rede ist von Generalleutnant Wilhelm Groener. Nach ihm ist keine einzige Kaserne benannt, und auch die Literatur über ihn ist eher schmal geraten.

An Groener fällt zunächst einmal auf, dass er aus vergleichsweise kleinen, bürgerlichen Verhältnisse stammte und damit im Gegensatz zu den meisten Generalen der Kaiserzeit stand. Auch kam er nicht, wie viele andere Berufsoffiziere, aus West- oder Ostpreussen, sondern aus dem schwäbischen Ludwigsburg. Wir können der Neuen Deutschen Biografie als Standardwerk entnehmen, dass er den Truppentransport an die Front 1914 ebenso durchführte wie den reibungslosen Rückzug 1918. Aber welche Werte, Einstellungen und Meinungen vertrat der Mann, der sofort nach dem Ersten Weltkrieg unversehens weitreichende politische Verantwortung übernehmen musste? Sein Urteil als Generalquartiermeister hatte Gewicht, als der Kaiser die Abdankung erwog.  Immerhin spielte Groener die entscheidende Rolle bei der Übereinkunft mit den Mehrheits-Sozialdemokraten um Friedrich Ebert, und ermöglichte so einen Übergang in die bürgerliche Republik („Seht nach Russland, und ihr seid gewarnt!, so Ebert). Damit ist eine zeitgeschichtliche Relevanz Groeners bereits gegeben.

Wie wirkte der parteilose Wilhelm Groener als Reichswehrminister von 1928 bis 1932? Was kennzeichnet den Reichsinnenminister Groener 1931/32 in der Zeit der teilweise bürgerkriegsartigen Kämpfe zwischen Roten und Braunen? Welche Werte und Tugenden lassen sich nachweisen? Das sind nur einige der Fragen, die der Politikwissenschaftler und Historiker Klaus Hornung, emeritierter Professor, aufgreift. Ganz gezielt erweist er Wilhelm Groener, „dem die Nachwelt keine Kränze geflochten hat“) mit einer einfühlsamen, präzisen und stilistisch gelungenen Biografie die Ehre. Er nutzt nicht nur die Gelegenheit, weniger bekannte Einzelheiten wie die deutsch-amerikanischen Militärkontakte von 1918/19 (kein Druckfehler!) zu skizzieren. Vielmehr ist er überzeugt, eine Fortsetzung der Präsidialregierung Brüning/Groener (trotz ihrer Versäumnisse) bis zum regulären Wahltermin 1934 hätte die Hitlerbewegung wenigstens teilweise zerfallen lassen. An Groeners Entschlossenheit – immerhin verbot er SA und SS – war jedenfalls nicht zu zweifeln.

1958 beschrieb Hornung in seiner Dissertation, wie sich der Jungdeutsche Orden schrittweise auf einen vernunftrepublikanischen Kurs begab und auf Mitwirkung am Staatswesen statt Fundamentalopposition setzte. Nun bietet Hornung einmal mehr ein kenntnisreiches Werk über einen auf Ausgleich und Verfassungstreue setzenden Realpolitiker in schwieriger Zeit, der sich gegen extremistische Ideologen einerseits und eine alles andere als weise Hindenburg-Kamarilla von 1932 andererseits zu behaupten hatte.

 

Klaus Hornung: Alternativen zu Hitler. Wilhelm Groener. Soldat und Politiker in der Weimarer Republik. Graz 2008. 

   

Stefan Winckler

Ein konsequenter Christdemokrat: Ernst Lemmer

 

Einer der Gründer der CDU, Ernst Lemmer, wurde am 28. April 1898 geboren: ein Wahl-Berliner, der als konsequenter Christdemokrat den Extremismus von links und rechts bekämpfte, der sich dem braunen wie dem roten Totalitarismus verweigerte, und der sich als Patriot um die Einheit Deutschlands bemühte. Trotz seiner hohen Regierungsämter und seiner langjährigen parlamentarischen Erfahrung ist er mit all seinen Werten, Einstellungen und Meinungen vergleichsweise wenig erforscht worden, obwohl sein Nachlass einigermaßen umfangreich ist. Er lagert im Archiv für christlich-demokratische Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin und umfasst 15 lfm.   

 

Lemmer stammte aus Remscheid. Zum Dienst im Ersten Weltkrieg meldete er sich, noch lange nicht volljährig, freiwillig. Er brachte es, mehrfach ausgezeichnet, zum Leutnant. Um so bemerkenswerter erscheint das Vertrauen, das seine Soldaten in ihn setzten, als sie ihn zum Delegierten in die Reichsversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte wählten, der Ende 1918 in Berlin zusammentrat, während gleichzeitig viele Mannschaften ihre Offiziere degradierten. Besagt die Teilnahme am Reichsrätekongress etwas über seine politischen Werte und Einstellungen? Nicht allzu viel. Lemmer war nicht nach heutigen Maßstäben „links“. So wandte er sich 1918/19 der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) zu, einer republikanischen, demokratischen Partei der Mitte. Als gläubiger evangelischer Christ (er studierte nach 1919 unter anderem Theologie im Nebenfach) kam für ihn das Zentrum in den Zeiten der strikten Konfessionsspaltung nicht in Frage. Weitere Fächer an den Universitäten Marburg und Frankfurt waren für ihn Volkswirtschaft und Geschichte. Hauptberuflich war er ab 1922 Generalsekretär der auf Ausgleich statt Arbeitskampf bedachten Hirsch-Dunkerschen Gewerkschaften, die gemäßigt sozial-liberal ausgerichtet waren und seiner Partei nahestanden. Mit dieser Positionierung in der Mitte hatte er die dem Programm nach marxistischen Sozialdemokraten (einschließlich des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes) und das nationalkonservative Milieu gegen sich. „Mitstreiter“ in dieser Partei, die von Friedrich Naumann gegründet wurde und die mit Walter Rathenau einen bedeutenden Kopf der frühen Republik in ihren Reihen hatte, waren Theodor Heuss, die Minister Erich Koch-Weser und Otto Gessler sowie Wilhelm Külz. Nach neun Jahren als Reichstagsabgeordneter kassierten die Nationalsozialisten 1933 sein Mandat. Vor allem auch beruflich hatte er sich umzuorientieren, da sämtliche Gewerkschaften verboten worden oder zum Aufgeben gezwungen worden waren. Unter Hitlers Herrschaft wurde Lemmer zwar nicht inhaftiert, aber überwacht und wiederholt verhört. Er konnte als Journalist arbeiten, aber bezeichnenderweise nicht für inländische Zeitungen.

Als die Sowjetische Militäradministration im Sommer 1945 die Gründung von Parteien erlaubte, waren es die alten Weggefährten aus der DDP Ernst Lemmer, Walter Schreiber und Ferdinand Friedensburg, die zusammen mit ehemaligen Zentrums-Politikern wie Andreas Hermes und Jakob Kaiser am 26. Juni 1945 die Christlich-Demokratische Union Deutschlands gründeten. Kaiser war 1946 Vorsitzender der CDU in der SBZ, Lemmer sein Stellvertreter – zusammen mussten sie auf Weisung der Besatzungsmacht im Dezember 1947 zurücktreten, um einer (in deren Augen) willigeren Führung Platz zu machen. Im März 1949 floh Ernst Lemmer mit seiner Familie aus dem Vorort Klein-Machnow nach Berlin (West). Dort war er Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus und Ansprechpartner unzähliger Bewohner der "Ostzone". Daneben gab er die Zeitung "Kurier" heraus. 

Es ist viel spekuliert worden über das Verhältnis Lemmers zu Konrad Adenauer – und manches wurde wohl ins Negative verzerrt. Zweifellos gab es unterschiedliche  Schwerpunkte. Adenauer setzte kaum Hoffnungen auf Berlin, während Lemmer ein entschiedener Fürsprecher der geteilten Stadt war. Dies wird deutlich anhand der Debatte, wo die CDU ihre Bundesgeschäftsstelle errichten sollte. Lemmer war überzeugt: "Der Weg zur Einigung Europas geht über die Wiedervereinigung Deutschlands" (vgl.: Spiegel, a.a.O., S. 5), während Adenauer es umgekehrt sah. Nicht, dass Lemmer die Westintegration vollends abgelehnt hätte! Er war schon in den 1920er Jahren Paneuropäer. Aber es war die Frage der Reihenfolge und wohl auch der Prioritäten. 

Nicht zuletzt stammten beide ja aus unterschiedlichen Parteien der Weimarer Zeit, die ein wenig auch unterschiedliche politische Lager darstellten: hier sozial-liberal und eher protestantisch, dort politisch-katholisch. In jene Zeit fällt auch das Wort des „Alten“, Lemmer, Bundestagsabgeordneter für Berlin,  sei der „rabiateste“ Berliner. 

Der erste Bundeskanzler verstand es, innerparteiliche Bedenkenträger und Gegner einzubinden. Lemmer wirkte 1956/57 als Bundespostminister, anschließend bis zum Kanzlerwechsel 1963 – ungleich kompetenter - als Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen. Mit seinen Kenntnissen und Verbindungen war er dafür, umso mehr nach dem Tode Jakob Kaisers, eine ideale Besetzung. In der Bundesregierung Ludwig Erhard wirkte Lemmer bis 1965 als Bundesvertriebenenminister, unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger als Sonderbeauftragter des Bundeskanzlers für Berlin. Ernst Lemmer starb nach schwerer Krankheit am 18. August 1970 in Berlin. 

Im Gegensatz zu Jakob Kaiser ist Ernst Lemmer nicht durch spektakuläre Programmentwürfe hervorgetreten. Was ihn auszeichnete, war seine Beständigkeit als Demokrat (ablesbar an seiner Mitwirkung im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold) – ungeachtet des Zeitgeistes von "Weimar", trotz der wachsenden Verdrossenheit an der parlamentarischen Demokratie, die ja gerade auch durch die dahin schmelzende Mitte angezeigt wurde. 

So eindeutig Lemmer Radikale ablehnte, so kooperativ war sein Umgang mit Politikern aus anderen Parteien. Seine Freundschaften mit Gustav Heinemann und Theodor Heuss beweisen das.

 

Literatur:

 

N.N.: Ernst Lemmer. Zwischen Maas und Oder. In: "Der Spiegel", 14.11.1951, S. 5-7.    

 

Ernst Lemmer: Manches war doch anders. München 1996 (Erstauflage 1968) 

 

Ludwig Luckemeyer: „Lemmer, Ernst“, in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 187 f. [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd118727362.html 

  

Stefan Winckler

Stalinistische Christenverfolgung. Ein Beispiel aus Rumänien

 

 Zugegeben, es ist ein kleines Buch, das die Hilfsaktion Märtyrerkirche e.V. herausgibt. Und doch verdient es eine weite Verbreitung, denn es handelt von einem exzellenten Zeugnis christlichen Glaubens. Gemeint ist die Biografie Richard Wurmbrands, der hierzulande unbekannt ist, in Rumänien aber an fünfter Stelle in der Liste der berühmtesten Rumänen steht. Geboren 1909, war er ursprünglich Jude, bekehrte sich zum christlichen Glauben und wurde noch während des zweiten Weltkriegs Pfarrer. Zuerst hatte er die faschistische Eiserne Garde zu fürchten, ab 1944/45 dagegen die Kommunisten. Wie er das Gefängnis dank seines Glaubens überlebte, wird in einfachen Worten auf eine sehr ergreifende, packende Art geschildert.

 

Wolfgang Sutter: Lebendige Glaubenserfahrung. Unteruhldingen: Hilfsaktion Märtyrerkirche, 2007. 

   

Stefan Winckler

Sprache der Unmenschlichkeit. Der Wortmissbrauch der Staatssicherheit

 

Die Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit stellten eine eigene Gruppe dar, die sich einer teilweise abweichenden Sprache bediente. Dies gilt naturgemäß insbesondere für die Offiziere, weniger für die „nebenberuflichen“ Spitzel. Nicht etwa, dass neue Wörter oder gar eine eigene Grammatik geschaffen wurden. Aber die Bedeutung zahlreicher altbekannter Wörter wie „aufklären“ oder „erkunden“ war eine andere als in der Umgangssprache. Dies anhand der schriftlichen Stasi-Hinterlassenschaft zu beschreiben, einzuordnen und zu vergleichen ist der Gegenstand eines Taschenbuchs mit dem Titel „Die Sprache der Stasi“ von Prof. em. Christian Bergmann (Chemnitz), der germanistische Linguistik an der TU Chemnitz lehrte. Beispielsweise besagte „jemanden aufklären“ nicht etwa „jemandem etwas aufklären“, und ihn damit um Kenntnisse zu bereichern, sondern vielmehr einen Menschen oder ein Land auszuspionieren und so das eigene Wissen auf Kosten der anderen Seite zu erweitern. Jene „Verdinglichung“ von Menschen, d.h. ihre Herabstufung zum reinen Objekt, wird noch deutlicher in den Begriffen „Element“ und „Kraft“/“Kräfte“, mit denen jene Personen gemeint waren, die sich die Stasi zur „operativen Bearbeitung“ vornahm, denen sie also den Krieg erklärt hatte. Vom „Kampf“ durchsetzt war die Sprache der SED und ihrer Medien, was für die Staatssicherheit mit ihren vielen Berufsoffizieren noch viel stärker galt. Darüber hinaus haben wir es mit dem Nominalstil einer Amtssprache zu tun, mit überlangen Sätzen und nicht selten „Genitiv-Girlanden“, wie z.B. „der Verdacht der Begehung (…) einer Straftat der allgemeinen Kriminalität“. Diese Aneinanderreihung war der russischen Sprache entlehnt und unterschied sich von der Alltagssprache der Menschen fast ebenso stark wie der politischer Wertekanon der meisten Bürger von dem der Staatssicherheit. So findet der Autor in den Stasi-Schriftstücken einerseits Euphemismen, die die Tätigkeit eines gigantisch-krakenhaften Geheimdiensts offenbar verniedlichen sollen („Kundschafter“, „Aufklärung“), und stößt andererseits auf ein kriegerisches Vokabular, das den Frieden, in unzähligen DDR-offiziellen Verlautbarungen beschworen, zur leeren Phrase macht. Mit der Bestimmung des „Feindes“, der zu „liquidieren“ sei, zeigte sich die Stasi als ausführendes Organ einer hasserfüllten leninistisch-stalinistischen Lehre, als konsequentes „Schwert“ der „allseitig“ herrschenden totalitären Partei. 
 

Christian Bergmann: Die Sprache der Stasi. Ein Beitrag zur Sprachkritik. Göttingen 1999. 

    

Stefan Winckler

Für Kasernen geeignetere Förderer der Westintegration (Leserbrief in der "Welt" vom 12.3.1999, S. 11 und in der FAZ vom 16.3.1999)

 

 Zu Karl Feldmeyers Artikel „Keine Bundeswehr-Traditionspflege mit dem Ritterkreuzverein“ (FAZ vom 5. März). Verteidigungsminister Rudolf Scharping will Kasernen auch nach ausländischen Persönlichkeiten benennen, die Deutschlands Weg zurück in die Völkergemeinschaft förderten – und so offenbar das Selbstverständnis der Bundeswehr als Armee des weltoffenen, freiheitlichen demokratischen Deutschlands unterstreichen. Diese Idee unterscheidet sich von der Traditionspflege anderer Armeen, ist aber angesichts der besonderen Situation Deutschlands nicht völlig von der Hand zu weisen: Die Verankerung im Nordatlantikpakt und speziell multilaterale Einsätze heben die Bundeswehr deutlich von früheren deutschen Streitkräften ab. 

Scharping nennt Winston Churchill wegen seiner Zürcher Rede von 1946 als Beispiel. Dessen Motivation war es aber nicht, Deutschland zu rehabilitieren, sondern in der Tradition britischer Außenpolitik die „balance of power“ in Europa wiederherzustellen: Er wollte dem Sowjet-Imperium ein stabiles, lebensfähiges Westeuropa entgegengestellt sehen. Bei aller Wertschätzung für die Rede Churchills in Zürich vom 19. September 1946 wirkt es in der Tat befremdlich, ja anbiedernd, eine deutsche Kaserne nach jemandem zu benennen, der eben auch Mitverantwortung für den Luftkrieg trägt, und der im Zweiten Weltkrieg nicht Deutschlands Befreiung, sondern Deutschlands Niederlage anstrebte. Ausschlaggebend als Namensgebung kann nur ein weit längerer Lebensabschnitt als eine Rede sein.  

 

Schon das Scharpingsche Drei-Säulen-Konzept der Traditionspflege – preußische Heeresreformer, Widerstand, Bundeswehrtradition – wirkt ein wenig zu einfach: So sinnvoll es ist, Schwerpunkte zu setzen und Männer mit Zivilcourage und Eigenverantwortung zu würdigen – gab es denn wirklich in den 130 Jahren zwischen Scharnhorst und Stauffenberg keine vorbildliche soldatische Persönlichkeit? Hier erkennt man die einseitige sozialwissenschaftliche Bildung und verfassungspatriotische Prägung zahlreicher Politiker und Journalisten: Sie stufen große Teile der deutschen Geschichte pauschal als fragwürdig ein, anstatt aussagekräftige Ereignisse und soldatisch wie menschlich herausragender Persönlichkeiten zu gedenken. Eine solche wäre General Wilhelm Groener, der 1918 den Rückzug des Heeres organisierte, die Rätediktatur bekämpfte, als Innenminister 1932 SA und SS verbot und sich insgesamt als sozial aufgeschlossen, ja als „Brücke“ zwischen Reichswehr und Republik bewährte.

 

Bleiben wir bei Minister Scharpings diskussionswürdiger Idee, ausländische Persönlichkeiten, die sich um Deutschland verdient gemacht haben, in die Namensgebung einzubeziehen. Wäre es insofern nicht besser, wenn eine Kaserne den Namen eines Staatsmannes erhält, der heute nur noch in Fachkreisen bekannt ist, obwohl er weit stärker als Churchill die Westintegration der Bundesrepublik Deutschland vorbereitete und mittrug? Ich denke an Dean Acheson (1893 bis 1971), der als amerikanischer Außenminister 1949 wesentlich an der Gründung der NATO beteiligt war, sich in Wort und tat auch für die europäische Integration einsetzte und konkret die Aufstellung der Bundeswehr (Tradition!) anregte. Ebendieser Bezug zur Bundeswehr muss für den Soldaten am jeweiligen Standort klar erkennbar sein. Auch der ehemalige NATO_Generalsekretär Paul-Henri Spaak (1899 bis 1972) käme als Namensgeber in Frage: wenn Churchill ein Verstandes-Europäer war, so war der Belgier Spaak ein Herzens-Europäer, der sich um die Integration (und damit um die Versöhnung mit Deutschland9 schon in den fünfziger Jahren große Verdienste erworben hat. 

   

Stefan Winckler

Ein wertvoller Zeitzeuge und Staatsbürger

 

Der Rezensent las dieses Buch in einem Zuge durch. Warum? Generalmajor a.D. Gerd-Helmut Komossa, der zahlreiche verantwortungsvolle Positionen in der Bundeswehr bekleidete und auch als Präsident des militärischen Abschirmdienstes wirkte, schildert seine Jugend im südlichen Ostpreußen einfühlsam, geradezu liebevoll. Doch 1943 ist die beschauliche Zeit für den 18-jährigen zu Ende: Er wird als Soldat an der Ostfront eingesetzt, und muss nach der Kapitulation für vier Jahre in sowjetischer Kriegsgefangenschaft verbleiben. Den Leser bewegen Komossas Schilderung von Begegnungen mit russischen und ukrainischen Zivilisten, die ihm klug und freundlich entgegentraten. Das widerspricht dem Klischee, das die NS-Propaganda von den slawischen Völkern zeichnete – und ebenso der Suggestion von Jan Philipp Reemtsma, wonach „die“ Wehrmachtssoldaten systematisch Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung begangen hätten. So hatte der Krieg, dessen Schrecken (Partisanen!) eindringlich beschrieben werden, viele Gesichter. Gleiches gilt für die Gefangenschaft.

Das Buch ist im Ganzen eine ehrliche (und ehrbare!) Aufarbeitung, schnörkellos in der Form, aussagekräftig im Inhalt, und damit eine Ergänzung zu geschichtswissenschaftlichen Abhandlungen. In der Tat haben wir mit Gerd Helmut-Komossa einen Zeitzeugen von Krieg und Nachkriegszeit, dessen Wort gerade der jüngeren Generation empfohlen werden kann. So ließe sich das Buch hervorragend als Schullektüre nutzen – vorausgesetzt, es gibt Lehrer, die damit umzugehen wissen.

Nicht zuletzt ist der offene Brief Komossas an seinen Sohn hervorzuheben. Hier deutet er zunächst aus sehr persönlicher, christlicher Sicht die vergangenen Jahre und Jahrzehnte, um dann als bewusst handelnder Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland auch aus seinem eigenen Erleben die ermutigenden Schlüsse zu ziehen: „Habt Vertrauen in die Zukunft, und erkennt Eure Verantwortung für die Gestaltung! Eine gute Zukunft lässt sich nicht auf der Straße zusammenbrüllen, sie will vielmehr mit Vernunft, Zielvorstellung, Gestaltungskraft, Verantwortungsbewusstsein auch für unser Vaterland und die Geschichte unseres Volkes sowie mit moralischem Handeln gestaltet werden“.  

 

Gerd-Helmut Komossa: Von Masuren an den Rhein. Heimkehr in die Fremde. Graz 2003. 

   

Stefan Winckler

General Komossas Erinnerungen an Bundeswehr und Militärischen Abschirmdienst

 

General a.D. Gerd-Helmut Komossa (Jg. 1924) hat den zweiten Band seiner Memoiren vorgelegt: „Die deutsche Karte. Das versteckte Spiel der geheimen Dienste“. Das Buch bietet mehr als nur einen Rückblick auf seine Amtszeit an der Spitze des Militärischen Abschirmdienstes in den späten 1970er Jahren. Vielmehr beginnt er mit einem Paukenschlag: Er hatte 1953 in einem Brief an den sowjetischen Spitzenpolitiker Nikolai A. Bulganin eine deutsch-russische Versöhnung vorgeschlagen, die mit der Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen beginnen sollte. In diesem Schreiben suggerierte Komossa, seine Überlegung sei mit höchsten deutschen Regierungsstellen abgestimmt, möglicherweise sogar mit Adenauer selbst. Zwei Jahre später konnte der erste Bundeskanzler tatsächlich die überlebenden Kriegsgefangenen in Deutschland begrüßen und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen vereinbaren. 

 

Komossas Buch ist eine wertvolle Ergänzung zur Zeitgeschichte – jedenfalls, was die Bundeswehr als Thema betrifft, In sehr persönlicher Form erzählt der Autor, warum er nach Fronteinsatz und Kriegsgefangenschaft wieder die Uniform anzog und wie er die westdeutsche Armee erlebte – insbesondere, wie der an sich richtige Primat der Politik von Politikern (mitunter bewusst) missverstanden wurde. Anhand seiner Begegnungen fällt es Komossa zudem leicht, die beiden Verteidigungsminister Helmut Schmidt und Georg Leber zu charakterisieren.

 

Der Militärische Abschirmdienst ist die Spionageabwehr der Bundewehr. Dem zeitgeschichtlich interessierten Leser ist ein Blick auf den MAD unbedingt zu empfehlen – allerdings nicht aus der fundamental-oppositionellen Einstellung der seinerzeitigen politischen Wochenmagazine mit ihren Skandalisierungen, sondern als Innenansicht aus der Feder von General Komossa. Wie die Stasi versuchte, Bundeswehrsoldaten anzuwerben, schildert der Verfasser eindringlich. Auch die Beziehungen zu den Verbündeten aus der Offiziersperspektive kommen nicht zu kurz. Ob es sich um Vergangenheit oder Gegenwart handelt, stets ist Komossa als ein Offizier mit hoch entwickeltem Verantwortungsgefühl erkennbar: ein MAD-Chef, der auf Plaudereien verzichtet, wenn Vertraulichkeit geboten ist; ein Offizier, der sich um seine Soldaten sorgt. Daher wägt er auch den Nutzen der heutigen Auslandseinsätze mit dem Risiko für die einzelnen Soldaten ab.

Diese Kombination aus Zeitgeschichte, persönlichen Erlebnissen und Eindrücken sowie gegenwärtiger Politikbeurteilung ist zunächst einmal denjenigen als Pflichtlektüre zu empfehlen, die sich ein Bild von Wehrmacht und Bundeswehr machen wollen, insbesondere Journalisten, Historiker und Politiker. Geschichts- und Sozialkundelehrer sind gut beraten, „Die deutsche Karte“ im Unterricht einzusetzen. Darüber hinaus ist das leicht lesbare Werk für all diejenigen geeignet, die etwas über Sicherheitspolitik erfahren wollen, ohne wissenschaftliche Abhandlungen oder amtliche Verlautbarungen zu studieren.

 

Siehe auch: www.komossa.org

    

Stefan Winckler

Beachtliche Stellungnahme der Erben Hayeks. Über die Festschrift für Gerard Radnitzky

 

Von Vaclav Klaus stammt der Satz, er fühle sich eigentlich als Liberaler. Da sich jedoch der heutige Liberalismus von seinen Grundsätzen eindeutig nach links entfernt habe, bliebe ihm, Klaus, kaum mehr etwas anderes übrig, als sich zum Konservatismus zu bekennen („Why am I a Conservative?“, 1992). Da jedoch auch der traditionelle Konservatismus die Marktkräfte gerne zu bändigen versuche, sei die Bezeichnung „libertär“ für die Erben von Friedrich August von Hayek und Joseph Schumpeter unmissverständlicher und daher angemessen. Was sich im einzelnen dahinter verbirgt, haben neben dem ehemaligen tschechischen Staatspräsidenten 19 Beitragsautoren aus dem In- und Ausland in einem Sammelband aus Anlass des 75. Geburtstags von Gerard Radnitzky (1921-2006) begründet. Radnitzky, ein international bedeutender Professor für Wissenschaftstheorie, sah weit über die Grenzen seines Fachgebietes hinaus: Seine Erfahrungen im sozialdemokratischen Schweden und seine Freundschaft mit Hayek machten ihn zu einem Anhänger des klassischen Liberalismus, dessen profilierteste Vertreter ihn hiermit ehren. In einem leicht zu verstehenden englisch ohne allzu viel Fachjargon verfasst, stellen libertäre Ökonomen, durchweg Mitglieder der Mont Pelerin Society, ihre jeweiligen Vorstellungen von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft vor. Es sind Grenzgänger zwischen Unternehmertum und Wirtschaftswissenschaft, mit anderen Worten: Unternehmer, Unternehmensberater, Politiker, Ordinarien, Leiter und Mitglieder von think-tanks aus Deutschland, Großbritannien, der Schweiz, den Vereinigten Staaten, Kanada und Italien. Jeder Beitrag enthält eine umfassende Analyse des jeweiligen Themas auf wohltuend hohem Niveau, durch Zwischenüberschriften zusätzlich gegliedert.

Herausgeber ist der Radnitzky-Schüler Hardy Bouillon, Professor für Volkswirtschaft in Wien, der in seinem Beitrag eine umfassende Definition der Freiheit im Sinne des Libertarismus herleitet: „Freedom ist the absence of articicial interference in the private sphere of another that would mean artificial costs to him if he opted for an negative meta-decision“ (S. 102). Die klare Übersicht in drei Teile erleichtert dem Leser die Übersicht (I: Libertarians and Liberalism: of laps, Links and lapses; II: The fatal franchise of freedom: of Social Choice-Democracy; III: The future of Freedom: of facts and fiction); ihre Reihenfolge ist bestens geeignet, den weniger kundigen Leser mit Grundlagen und Spezifika des Libertarismus vertraut zu machen. Die unterschiedliche nationale und berufliche Herkunft der Autoren lässt sofort ein sehr farbiges, kontrastreiches Bild des Libertarismus erwarten. Aussagekräftig und kontrovers ist dabei der Beitrag des Kanadiers Walter Block, der aus der Sicht eines entschiedenen, „anarchistischen“ Libertären seine Haltung zu Schlüsselbegriffen wie Privateigentum, Gewerkschaften, Freihandel und anderen erläutert. Gerd Habermann benennt die unzureichende Beachtung der Libertären im europäischen Wissenschaftskontext, v.a. aber die Unterschiede zum klassischen Liberalismus, dem er sich als Europäer verpflichtet fühlt.

Diese und weitere Beiträge dienen nicht nur als Einstieg in das Thema „Libertarismus“, sondern auch als Nachschlagewerk für Experten. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Auseinandersetzung der Libertären mit den Problemen unserer Zeit. Denn inwieweit ein solcher band als gelungen bezeichnet werden kann, ist von seiner „Problemlösungskompetenz“ abhängig, die aus den Beiträgen ersichtlich wird. Benennen die Libertären Alternativen zum Brüsseler „Harmonisierungs“-Streben setzen sie sich mit der Sozialdemokratie auseinander? Sind die großen Herausforderungen der Transformation Ostmitteleuropas angesprochen? Was die Europäische Union betrifft, so sei auf den Schweizer Journalisten Gerhard Schwarz (Neue Zürcher Zeitung) verwiesen: „Competition among systems – an ordoliberal view“. Speziell mit Deutschland und der Globalisierung ist Gerhard Giersch befasst: „Economic Dynamism. Lessons from German experience“. Vaclav Klaus würdigt die Tradition der österreichischen Wirtschaftswissenschaftler wie Menger, Böhm-Bawerk und Hayek, soweit die für den Weg der Reformländer zur Marktwirtschaft von Bedeutung sind. Anthony Flew beleuchtet das Thema „Social Democracy and the Myth of Justice“. Letzteres ist um so wertvoller angesichts der Vereinnahmung des Begriffs “Gerechtigkeit" durch Egalitaristen, v.a. im Sinne von „sozialer Gerechtigkeit“. Gesellschaftlich-politische Fragen werden außer von Roland Baader („Nothing new under the sun: the disguised return of totalitarism“) durch Victoria Curzon-Prize angesprochen. Baader beleuchtet dabei in gewohnt deutlicher, bilderreicher Sprache eine gegenwärtige variante des Totalitarismus, die im rötlich-grünen Gewand durch Deutschland geistert, und auch mit der Einschränkung wirtschaftlicher Freiheit zusammenhängt. Sehr selten wagen liberale Ökonomen einen Blick über ihr Fachgebiet hinaus auf internationale und interethnische Beziehungen: Curzon-Prize kommt mit Bezug auf Röpke, von Mises und vor allem Hayek zu dem Schluss, dass der Frieden geradezu eine Folge der spontanen Ordnung wirtschaftlich aktiver Individuen in einem limitierten Staat ist – zumal nichts einer Volkswirtschaft mehr schadet als ein alles zerfleischender oder zumindest behindernder Krieg und Bürgerkrieg. Ausgesprochen humorvoll-elegant ist der Beitrag von Detmar Doering: „A Dog’s Choice: Which Constitution Is The Best?“, in Anlehnung an eine klassische Fabel eingeleitet: „The protection oft he property rights of the dog that owns the kennel would have been considered the main end of all government. The property-owning bitch of the fable certainly would have expected government to do something about the invasion of her property rights. Even a modern dog probably would believe in government being a help for enforcing legitimate property rights…”, S. 331. Von hohem Reiz ist der Beitrag von Lord Harris of High Cross – eine Mahnung an die Kirche, sich mehr um die Seelsorge und weniger um antikapitalistische Stellungnahmen zu bemühen; sie ist keineswegs nur an die Anglikanische Kirche gerichtet, sondern sollte m.E. in den meisten christlichen Ländern diskutiert werden. So hängt beispielsweise das mangelnde Interesse an der Evangelischen Kirche in Deutschland sicher auch mit ihrem Linksruck in den letzten Jahrzehnten zusammen.

Im Ganzen ähnelt der Sammelband den Anthologien „Die Erben des Perikles“ und „Wider die Wohlstandsdiktatur“ (Reihe: Freiheitsdenker der Gegenwart. Gräfelfing; Ingo Resch, 1995) von Roland Baader , deren Autoren zum großen Teil auch hier versammelt sind. Es handelt sich um eine durchaus spannende Einleitung in das Thema „Libertarismus“, eine wertvolle Ergänzung zu den Klassikern des Ordoliberalismus, und eine gelungene Weiterführung der beiden Baader-Bände von 1995. Etwas verwundert und bedauernd stellt der Rezensent das weitgehende Fehlen des Namens Ludwig Erhard (außer auf S. 262) fest, dessen 100. Geburtstag 1996 mit der ersten Auflage dieser Festschrift zusammenfiel.

Die formale Gestaltung ist durchweg lobenswert: Kurze Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel („abstracts“) dienen der raschen Orientierung, ausführliche Anmerkungsapparate und Literaturhinweise schließen sich jeweils an. Der Leser wird lediglich ein Personenregister vermissen.

 

Hardy Bouillon (ed.): Libertarians and Liberalism. Essays in Honour of Gerard Radnitzky. Ashgate 1998. 

   

Deutschlands politisch-publizistische Klasse – Im Irrgarten verrannt? Über Klaus Hornungs Buch „Wege aus den Sackgassen“

  

„Die jüngste Generation muss mit einer Werteverwirrung zurecht kommen, deren Ausmaß kaum abzuschätzen ist. Klare Maßstäbe für Recht und Unrecht, Gut und Böse, wie sie noch in den fünfziger und sechziger Jahren von Eltern und Schulen, Kirchen und manchmal auch von Politikern vermittelt wurden, sind für sie kaum noch erkennbar.“

N.N.: Kältetod der Menschlichkeit. In: Der Spiegel, 9/1993, S. 234

 

Deutschland leidet an Orientierungslosigkeit. Seit etwa vier Jahrzehnten nehmen die Bindungen der Menschen an Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und sämtliche soziokulturelle Milieus rapide ab. „Etablierte“ Politiker haben ihre Glaubwürdigkeit gründlich verspielt. Der Wählerauftrag wird mangelhaft umgesetzt, Strukturkrisen eher verwaltet als gemeistert. Arbeitgeber klagen häufig, dass es ihren Lehrlingen an grundlegender Bildung mangele. Der Verfall der Werte und Tugenden ist Tag für Tag spürbar. Das geistige Erbe eines Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Theodor Heuss und Carlo Schmid (um nur einige der zahlreichen herausragenden Köpfe der frühen Bundesrepublik zu nennen) ist zu einem beträchtlichen Teil verspielt. Antifaschistisch-multikulturelle und amerikanistisch-globalistische Zielvorstellungen überlagern oft genug das Gedankengut des Grundgesetzes. Des Weiteren wird eine Spaltung der Gesellschaft deutlich: Während sich die einen beinahe zu Tode schuften, ergötzen sich die anderen (0ft deren Kinder) an ordinären, gar obszönen Fernsehproduktionen.

 

Gibt es Auswege? Klaus Hornung, der an Lebenserfahrung (gerade auch in der politischen Auseinandersetzung mit Radikalen) und Kompetenz (als Professor für Politikwissenschaft) reiche Wissenschaftler, vermag es mit pädagogischem Geschick wie nur wenige andere, die Leser mit politischen Persönlichkeiten, die sich „in die Pflicht“ nahmen, vertraut zu machen. Es sind Männer der Tat wie der Militärreformer Gerhard Scharnhorst und der konservative Hitler-Gegner General Ludwig Beck (in geistiger Hinsicht ein würdiger Nachfahre Scharnhorsts), die in der Stunde grösster Not zu geschichtlich bedeutsamen beispielhaften Charakteren heranreiften. Es sind des weiteren der in Fachkreisen viel zu wenig gewürdigte Historiker Johann Gustav Droysen, der die Kenntnisse geschichtlicher Abläufe als „Grundlage politischer Ausbildung und Bildung“ (S. 33) bezeichnete, und der skeptische, doch von der Wirklichkeit bestätigte Denker Alexis de Tocqueville. Rasch wird deutlich: Auch wenn sich Geschichte nicht wiederholt, lassen sich aus gewissen Grundmustern und Erfahrungen Schlüsse für die Zukunft ziehen. Wer dies versäumt, wird anfällig für Fehler, wird schwankend zwischen Nations-Versessenheit von gestern und Nations-Vergessenheit von heute. Dem ist durch Fachkenntnis und sichere Urteilskraft (wie sie der Altphilologe und Historiker Franz Josef Strauß noch besaß) vorzubeugen. Zusätzlich macht Hornung den Deutschen Mut: „Trotz ihrer politischen Unbegabung haben die Deutschen das Glück, über ein Erbe außenpolitischer Leitideen zu verfügen, das mehr denn je verdient, bewusst gemacht und angeeignet zu werden (…). Dieses Erbe wird von den drei Namen Otto von Bismarck, Gustav Stresemann und Konrad Adenauer bezeichnet“ (S. 72). Wertvoll erscheint in diesem Zusammenhang die von Hornung herausgearbeitete europäische Dimension Bismarcks und die Wirkungsgeschichte des Kreisauer Kreises nach 1945. Nicht zuletzt die theoretischen und politisch-praktischen Leistungen eines sozial orientierten Konservatismus im 19. Jahrhundert (Kap. 4) können nicht oft genug hervorgehoben werden, denn zu den (nicht nur) deutschen Geschichtslegenden gehört ja die Behauptung, erst Marx und Engels hätten sich des Proletariats angenommen. Durch die Entlarvung derartiger Thesen und durch die hermeneutische Darstellung beispielhafter Persönlichkeiten (zum Nutzen für die gegenwärtige Politik) ist das Buch heilsam und konstruktiv, ohne aufdringlich zu wirken oder im „Fachchinesisch“ zu erstarren.

 

Doch der Heilung geht stets die Diagnose voraus. Hornung analysiert die Ursachen des derzeitigen Krisengeflechts:

 

  • die überzogene Darstellung der deutschen Geschichte und des deutschen Volkscharakters anhand der NS-Verbrechen
  • der Verlust von Tradition, Tugenden, Werten und Identität im Gefolge von „1968“
  • der übermäßige Ausbau des lange Zeit konkursreifen Sozialstaats
  • das nur mangelhaft entwickelte Wissen um die Bedrohungen der Freiheit durch neototalitäre Tendenzen, Konformismus und Parteienmacht

 

Vor allem auf dem Gebiet der Schulpädagogik entwickelt Klaus Hornung, der bereits 1966 eine umfangreiche, detaillierte Abhandlung über „Politik und Zeitgeschichte in der Schule“ verfasste, eigene Lösungsansätze der offenkundigen Krise. So bleibt Hornung ein kenntnisreicher und zugleich unbequemer Mahner. Seine Prägung durch den Historiker Hans Rothfels, Professor in Königsberg, Chicago und Tübingen, wird auch in diesem Buch sehr gut deutlich.

  

Klaus Hornung: Wege aus den Sackgassen. Erfahrungen der Geschichte – Verteidigung der Freiheit. Unna 2003. 

   

Stefan Winckler

Aufbruchsstimmung statt Zukunftsangst. Bundespräsident Horst Köhler über sich und sein Amt

 

Als Angela Merkel den Direktor des Internationalen Währungsfond, Horst Köhler, für das Amt des Bundespräsidenten ins Gespräch brachte, war dieser eine hoch geschätzte Persönlichkeit in internationalem Wirtschafts- und Finanzkreisen. Mehr noch. „Köhler hat alleine mehr ökonomischen Verstand als die ganze deutsche politische Klasse zusammen, formulierte Helmut Schmidt.  Aber nur die wenigsten Bürger kannten seinen Namen. In einem Satz: Er machte keine Partei- oder Medienkarriere, sondern war als Fachmann der Zuarbeiter der Spitzenpolitiker, nicht selten der „Sherpa“, der Helmut Kohl zu den „Gipfeln“ begleitete und dort beispielsweise den Euro-Stabilitätspakt wesentlich gestaltete. Auch als Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Osteuropa-Bank) war er der Tagespolitik und ihrer Fernseh-Inszenierung weit entrückt.

Rechtzeitig zum Beginn seiner Amtszeit als Bundespräsident erschien ein Interviewband, in dem Köhler – ohne politischen oder ökonomischen Fachjargon – über seine Person, seine Werte und Einstellungen Auskunft gibt sowie eine Bestandsaufnahme von Deutschland, Europa und der Welt vornimmt: ehrlich, ungekünstelt, mit Sinn für Humor an der richtigen Stelle. Befragt hat ihn der Journalist und Buchautor Hugo Müller-Vogg (früher FAZ). Herausgekommen ist dabei ein Buch, das einem breiten Publikum empfohlen werden kann: leicht lesbar, klar gegliedert und übersichtlich. U.a. verrät Bundespräsident Köhler, wie er als Kind aus der DDR in die Bundesrepublik gelangte, welche Wege seine sieben Geschwister eingeschlagen haben, und wie seine eigene Karriere verlief. Er maßt sich nicht die Weisheit an, über alle Themen urteilen zu können (auch wenn Müller-Vogg noch so präzise nachhakt). Und doch finden sich zahlreiche klare Aussagen, die in die Zukunft weisen, an die Verantwortung des einzelnen Staatsbürgers und seine Leistungen appellieren. Als seine Vision für das Jahr 2020 nennt das Staatsoberhaupt: „Ich wünsche mir, die innere Einheit Deutschlands ist vollendet und ein deutscher Politiker Präsident der Europäischen Union. Wir haben den Sozialstaat erfolgreich umgebaut, und die Bürger akzeptieren die eigene Verantwortung. Nach Reformen in Bildung und Wissenschaft nehmen wir wieder einen Spitzenplatz bei den Nobelpreisen ein. Das Land ist friedlich und weltoffen, es hat Einfluss in der Welt und ist beispielhaft in seiner Entwicklungspolitik. Das Land ist neue Wege gegangen, es ist zuversichtlich. Die Zahl der Geburten steigt, die Wirtschaft wächst. Und die Deutschen sind stolz darauf, dass sie ihre Probleme in einer gemeinsamen Anstrengung gemeistert haben.“

Im ganzen gesehen, ergänzt das Buch als Hintergrundinformation die Redetexte Horst Köhlers (www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Horst-Koehler/Reden/reden-node.html) vorzüglich, gerade auch dank Hugo Müller-Voggs sorgfältig ausgearbeiteten Fragestellungen.  

  

Horst Köhler: Offen will ich sein – und notfalls unbequem. Ein Gespräch mit Hugo Müller-Vogg. Hamburg 2004. 

   

Stefan Winckler

Christenverfolgung heute

 

Wenn Menschen wegen ihrer Religion verfolgt oder benachteiligt werden, trifft es zum allergrößten Teil Christen. Das Sprengstoffattentat vom 31. Dezember 2010 gegen eine koptische Kirche im ägyptischen Alexandria machte einer breiten Öffentlichkeit das Problem bewusst – doch ist es fraglich, wie lange die Aufmerksamkeit für die Unterdrückung oder zumindest Benachteiligung von Christen anhielt. Immerhin werden rund hundert Millionen Christen weltweit verfolgt. 

Auf der website des Vereins Open Doors findet sich ein Verweis auf einen Weltverfolgungs-Index, mit anderen Worten: auf eine Liste der Länder, in denen Christen am heftigsten verfolgt werden. Im Jahre 2011 sind dies: Nordkorea, Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien, Somalia, Malediven, Jemen und Irak, Usbekistan, Laos und Pakistan. Keineswegs zufällig sind das größtenteils islamische Länder. In Europa gibt es keine Christenverfolgung mehr, aber in Belarus (Weissrussland) und Russland eine Benachteiligung jener Christen, die nicht der privilegierten Russisch-Orthodoxen Kirche angehören. Was können wir tun? Gebete für Verfolgte und benachteiligte Christen erscheinen naheliegend. Wo bleiben eigentlich die Pfarrer, die uns auf derartiges Unrecht in Predigten und der kirchlichen Presse aufmerksam machen? Es ist auch möglich, Briefe an die Opfer zu schreiben, um sie zu ermutigen oder zu trösten. Dies geschieht, indem sie an die Organisation Open Doors, Postfach 1142, 65761 Kelkheim geschickt werden, die sie dann weiterleitet. Schicksale von Betroffenen sind auf opendoors.de nachzulesen, so dass eine persönliche Ansprache möglich ist. Auf den Seiten von Open Doors steht eine Schreibanleitung, sowie Petitionen an die jeweiligen Verfolgerstaaten, die unterschrieben werden können. Im  Übrigen ist der überkonfessionelle Verein als gemeinnützig anerkannt.   

 

Lesenswerte Internetseiten:

http://de.wikipedia.org>/wiki/Christenverfolgung

www.opendoors-de.org 


© Stefan Winckler

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